KATALANEN STIMMEN NUR HALBHERZIG FÜR IHR AUTONOMIESTATUT : Ohrfeige für Zapatero
Es sollte der große Tag des Regierungschefs José Luis Rodríguez Zapatero werden. Sein „pluralistisches Spanien“ sollte an den Urnen einen beispiellosen Sieg davontragen. Doch die Wahlbeteiligung machte dem Sozialisten und seinen nationalistischen Partnern einen Strich durch die Rechnung. Zwar wurde das neue Autonomiestatut mit 74 Prozent angenommen. Doch da nicht einmal die Hälfte wählen ging, war dies, auf die Wahlbevölkerung hochgerechnet, nur ein Drittel der Katalanen. Statt Selbstkritik zu üben, versuchte Zapatero, diese Schlappe noch in der Wahlnacht schönzureden.
Dabei wäre Einkehr angesagt. Spanien ist seit dem Tod von Diktator Francisco Franco 1975 ein pluralistisches und dezentralisiertes Land. Es braucht keine neuen Autonomiestatuten, ein Ausbau der bestehenden würde genügen. Denn die Regionen haben bereits ihre Eigenständigkeit. Das Drehen an der nationalistischen Spirale dient nur der politischen Klasse, die aus den so entstehenden Debatten und Streitereien ihre Existenzberechtigung ableitet. Dabei sind in Spanien beide Blocks, die Linken ebenso wie die Konservativen, nur von einem beseelt: Sie wollen das jeweils andere Lager isolieren. Ein Großteil der Wähler wollte dieses Spiel am Sonntag nicht mehr mitmachen und blieb ganz einfach zu Hause.
Die wirklich wichtigen Probleme bleiben bei solchen künstlichen Streitereien leider ungelöst, das zeigt ein Blick auf die Umfragen. Denn bevor Zapatero und seine katalanischen Parteifreunde ein neues Statut für Katalonien zur obersten politischen Notwendigkeit erklärten, hatte dies die Bevölkerung in der spanischen Nordwestregion gar nicht auf der Liste der wichtigen Themen: Dort rangierten die Arbeitslosigkeit, die hohen Wohnungspreise, mangelnde Qualität des Bildungssystems und die Bekämpfung der Kriminalität ganz oben.
All das, so versprachen die Befürworter des Statuts vor der Volksabstimmung immer wieder, werde sich jetzt durch den neuen Autonomietext ändern. Die Zahlen vom Sonntagabend beweisen: Die überwältigende Mehrheit der Katalanen glaubt nicht daran. REINER WANDLER