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Archiv-Artikel

In den USA müssen Frauen und Männer die Kinderbetreuung selbst organisieren – und bezahlen Viele Kinder, viel Arbeit, wenig Staat

taz-Serie: Elternzeiten anderswo. Deutschland führt 2007 das Elterngeld ein. Die taz beschreibt Familienpolitik weltweit. Teil VII: USA. Zuletzt: Island, Japan, Israel

Alisa und Hugh sind am liebsten unterwegs. Von New York bis Indien auf der Suche nach Geschichten, die sie zu Radio- und Magazinbeiträgen verarbeiten. Damit sie ihre Neugier und ihre Wohnung im New Yorker Stadtteil Queens bezahlen können, hat Alisa vor zwei Jahren eine Vollzeitstelle bei einem Radiosender angenommen. Hugh ist ständiger, aber freiberuflicher Autor eines renommierten Magazins, das nur schlecht zahlt. Mitte Juli erwarten sie ihr erstes Kind.

„Deutsche Verhältnisse, das wäre jetzt mein Traum“, sagt Alisa, die bis 2002 knapp drei Jahre in Berlin gearbeitet hat. Denn die Liste staatlicher Wohltaten für Mütter in den USA ist kurz. Dennoch bekommen Amerikanerinnen im Schnitt 2,1 Kinder, die Frauenerwerbstätigkeit liegt bei 59,3 Prozent.

Ganze 13 Wochen unbezahlte Elternzeit stehen Alisa – wie seit 1999 allen amerikanischen Eltern – zu, bis zum fünften Lebensjahr des Kindes. Diese Wochen darf sie nicht am Stück, sondern nur in Blöcken von maximal 14 Tagen nehmen. Hugh hat als freier Mitarbeiter keine Elternzeitansprüche. Immerhin will ihm seine Redaktion mit großzügigen Regelungen für Arbeit von zu Hause entgegenkommen. Hugh hat sich drei Wochen seines Jahresurlaubs aufgespart. Wenn Alisa einen Monat nach der Geburt wieder ins Büro geht, wird er diesen Urlaub nehmen. Mit dieser Lösung steht Hugh keineswegs allein da. In den USA bekommen nur Beamte in höheren Gehaltsstufen bezahlte Elternzeit.

Bleibt Alisa weniger als vier Wochen nach der Geburt daheim, hat sie Anspruch auf ihren alten Job als Redakteurin. Nähme sie im ersten Jahr die vollen 13 Wochen, dürfte ihr die Redaktion eine andere gleichwertige Stelle zuteilen. Als Alisa erfuhr, dass sie schwanger ist, hat auch sie sich drei Wochen Jahresurlaub aufgespart. Diese möchte sie übers erste Lebensjahr des Kindes verteilt nehmen. Zudem stehen Alisa elf Krankentage pro Jahr zu. Für 2006 hat sie noch fünf übrig. Die wird sie ebenfalls nehmen.

„So kommen wir eigentlich ganz gut übers erste halbe Jahr, ohne dass wir zu große finanzielle Verluste einstecken müssen“, sagt Hugh. Danach werden die zwei eine „daycare“ finden müssen, eine Tagespflege, die das Kind betreut, wenn Hugh nicht von zu Hause aus arbeiten kann. Es gibt viele private Betreuungsangebote, vom Kindergarten bis zur Tagesmutter. Die Kosten müssen die Eltern jedoch alleine tragen. ADRIENNE WOLTERSDORF