: Berliner Alpenglühen
Das verdammte München-Ding
VON MAX BÜCH
„Berlin ist vorbei, und München ist da“, klärte uns das Magazin der Zeit letzten Herbst auf. Selbst im hohen Norden hatte man erkannt, dass es an der Isar „die besseren Partys, die spannenderen Menschen, Dinge im Aufbruch“ gibt. Wahnsinn!
„München brummt und flirrt wie selten“, trompetete darauf der österreichische Sender FM 4: „Das neue Berlin ist eine Weißwurst!“ Der Trendscout der New York Times hatte Recht: München ist „Germany’s Hot Spot of the Moment“!
Dort reagierte man gewohnt bescheiden und versammelte sich alsbald zu einer musikalischen Lesung zum Thema „München – Plötzlich schwärmen alle“. „Hat München Berlin den Rang längst abgelaufen?“ Mirko Hecktor, Chefredakteur des Münchner Super Paper, weiß: „Diese ganze Mitte-Geschichte, die Cafés da sehen genauso aus wie in München und sind genauso teuer.“
Für mich als Münchner in Berlin ist das die Erlösung: nie wieder die eigene Herkunft in der Hauptstadt verleugnen, nie wieder die abschätzigen Blicke ertragen müssen, falls man doch mal ehrlich war. „Sis is se place to be, Spezi“, hört man schon den Stammtischbayern dem japanischen Touristen ins Ohr plärren.
Dass die von der Zeit gerühmten Örtlichkeiten „Registratur“ und „Café King“ mittlerweile das Zeitliche gesegnet haben oder woanders weitermachen – wurscht. Dass auch das legendäre „X-Cess“ vor kurzem dichtgemacht hat – wurscht. München ist toll, wie sueddeutsche.de noch immer beipflichtet: „München. Warum man diese Stadt lieben muss.“
Allen, die in Berlin bleiben müssen, sei geraten, Städtevergleichern mit eigenem Größenwahn zu begegnen. Warum nicht erwähnen, dass der Karneval der Kulturen längst dem Oktoberfest den Rang abgelaufen hat. Warum nicht klarstellen, dass Currywurst und Döner einen international hervorragenden Ruf genießen. Nicht zu vergessen die Renaturalisierungsmaßnahmen an der Spree. Ach, und diese Nähe zu den Alpen!
■ Max Büch, München–Berlin