: Geheimdienst verliert Mitarbeiter
FU-Professor Grottian hat angeblich drei Spitzel des Verfassungsschutzes enttarnt, die das Sozialforum ausgehorcht haben sollen. Outen will er sie jedoch nicht
Beim Aushorchen des Berliner Sozialforums scheut der Verfassungsschutz offenbar keine Mühe. Laut Peter Grottian hat es mindestens drei Spitzel gegeben, die in den vergangenen Jahren „lokale, überregionale und bundesweite Arbeitsnetzwerke der linken Szene“ ausgespäht haben. Die Namen seien ihm bekannt, sagte der linke FU-Professor, der Politikwissenschaft lehrt.
Neben dem Berliner Sozialforum hätten die drei auch das Deutsche Sozialforum und Attac ausgespäht. Nicht einmal die Linkspartei und Teile der SPD seien verschont geblieben, sagte Grottian. Öffentlich „outen“ will er die Spitzel jedoch nicht. „Wir haben kein Interesse, die Menschen, die uns geschadet haben, mit den gleichen Mitteln zu bekämpfen.“ Das seien doch auch bloß „arme Hunde“. Woher er die Informationen über die Spitzel hat, wollte Grottian daher auch nicht verraten. Er werde lediglich darauf bestehen, dass die Spitzel in Zukunft an keinen Zusammenkünften mehr teilnehmen werden.
Der Verfassungsschutz steht seit einigen Wochen unter Beschuss, weil es Grottian sowie das Sozialforum gezielt beobachtet haben soll. Die Behörde hatte die Vorwürfe zunächst zurückgewiesen. Sie musste dann aber zugeben, dass sie sich für die Kräfte der „autonomen Szene“ interessiert, die versucht hätten, das Sozialforum zu instrumentalisieren. Auch räumte die Behörde ein, dass dabei offenbar zu viele Informationen gesammelt wurden. Daraufhin hatte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) angekündigt, dass Dinge, die nicht in die Akten gehören, geschwärzt oder vernichtet würden. Zu Grottians Aussagen wollte sich die Behörde gestern nicht äußern.
Der Politikwissenschaftler kündigte an, dass er eine erweiterte Aktenansicht beantragen werde. Er habe erhebliche Zweifel, ob das 80-Seiten-Dossier, das er einsehen durfte, wirklich alle Informationen zu seinem Fall enthalte. Grottian setzte Körting eine Frist: Wenn der Innensenator bis kommenden Mittwoch nicht geklärt hat, welches Ausmaß die „undifferenzierten Ausforschungen“ haben, will Grottian mit Hilfe des Datenschutzbeauftragten eine einstweilige Anordnung auf Auskunft durch ein Gericht bewirken.
Der Fraktionschef der Grünen im Abgeordnetenhaus, Volker Ratzmann, forderte Körting auf, die Akten nicht wie angekündigt durch den Reißwolf zu jagen. „Zunächst muss geprüft werden, welche anderen Organisationen im Zusammenhang des Sozialforums bespitzelt wurden“, sagte Ratzmann. Zudem kritisierte Ratzmann die Beweisführung. Die Verfassungsfeindlichkeit hatte die Behördenchefin unter anderem damit begründet, dass einige linke Gruppen die „Abschaffung des Staates“ forderten. Demnach müsse auch die FDP unter Beobachtung gestellt werden, hatte Ratzmann geantwortet. FELIX LEE