… ist Günter Grass’ Polen zu betrachten

Es gibt ein Foto in der Ausstellung, auf dem Günter Grass und Lech Walesa nebeneinander sitzen, im Jahr 1988. Der selbst ernannte Nationalintellektuelle Grass spreizt selbstgewiss Daumen und Zeigefinger, während der rebellische Elektriker Walesa ihn interessiert betrachtet. Gemeinsam ist ihnen der Schnurrbart. 18 Jahre später, als Grass einräumt, anders als früher behauptet, bei der Waffen-SS gewesen zu sein, will Walesa ihm die Ehrenbürgerschaft von Danzig aberkennen. Grass bereut in einem Brief und Walesa zieht die Forderung zurück. Grass und Polen, das ist ein weites Feld, und heute eröffnet im Lübecker Grass-Haus eine Ausstellung zu dieser Beziehung. Wer keinen Anstoß daran nimmt, dass das deutsch-polnische Verhältnis über die Figur des (Ex-)Nationalheiligen Grass vermittelt wird, kann nachverfolgen, wie jemand die verlorene Heimat neu für sich findet, für die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze wirbt, sich mit polnischen Dissidenten austauscht.