: IM JAHR DES TIGERS: WELTMEISTER CHINA
VON CHRISTIAN Y. SCHMIDT
Es wird wirklich langsam Zeit, dass die Fußball-Weltmeisterschaft zu Ende geht. Das Gejammer vieler Chinesen darüber, dass sie nicht mitmachen dürfen, ist zwar nicht so schlimm wie das hysterische Geplärre der meisten Deutschen über den Lärm der Vuvuzelas zu Beginn der WM. Es geht trotzdem auf die Nerven. Ein Mann hat es sogar fertiggebracht, gegen die Nichtteilnahme Chinas juristisch anzugehen. Rechtsanwalt Chen Fengfeng aus der Provinzhauptstadt Chengdu reichte an einem Pekinger Distriktgericht Klage gegen die chinesische Nationalmannschaft ein. So wie viele Chinesen hatte sich auch Chen nach dem Spiel Nordkorea gegen Brasilien ganz besonders aufgeregt: „Ich war deprimiert und aufgewühlt“, erzählte er der Global Times, „besonders weil sich Nordkorea so viel Respekt verdient hat, als es nur 2:1 gegen die brasilianischen Favoriten verlor.“ Seine Klage begründete Chen damit, dass die chinesische Nationalmannschaft nur „lustlose Auftritte“ zeige. Außerdem beantragte er, das Team auf eine garantierte Teilnahme im Viertelfinale der nächsten WM zu verpflichten.
Ich verstehe den Mann nicht so ganz, sind doch die Chinesen auf dieser WM stärker vertreten als je zuvor. So wurden anlässlich des World Cups etwa fünfzig Millionen herrliche Vuvuzelas in die ganze Welt exportiert; jeder Ton, den man aus den Stadien Südafrikas überträgt, ist so zumindest halb chinesisch. Dann stammt der ganze Fanbedarf von Trikots über die anscheinend obligatorischen Idiotenperücken bis hin zu den Flaggen fast ausschließlich aus China. Auch die Bälle kommen selbstverständlich aus unseren Breiten; allein eine Fabrik aus Jiujiang im Osten China schmiss anlässlich der WM 1,2 Millionen Fußbälle auf den Markt.
Sodann gibt es bei dieser WM zum ersten Mal in der Geschichte einen chinesischen Sponsor. Nachdem bereits bei der letzten WM die amerikanische Brauerei Budweiser auf den Stadionbanden auch auf Chinesisch geworben hatte, konnte man dort dieses Mal ganz groß in chinesischen Schriftzeichen „Zhongguo Yingli“ („Chinas Yingli“) lesen, daneben kleiner „Yingli Solar“ auf Englisch. Yingli Green Energy ist einer der größten Fotovoltaikhersteller der Welt mit dem Hauptsitz in Baoding, rund 150 Kilometer südwestlich von Peking. Für die offizielle Sponsorenposition legte man dem Vernehmen nach mehr als 100 Millionen US-Dollar auf den Fifa-Tisch.
Angesichts solcher Zahlen stellt sich allerdings die Frage, ob sich das wirklich lohnt? Ich meine: Legt man noch ein bisschen was drauf, kann man gleich ein Land wie Paraguay kaufen, inklusive der Nationalmannschaft. Die startet dann bei der nächsten WM für China, womit sich auch die Klage von Herrn Chen erledigt haben dürfte. Und sollte es dann immer noch nichts mit dem Viertelfinale werden, kaufen die Chinesen für 2018 eben Deutschland ein. Bei dem zukünftigen Wechselkurs von chinesischen Renminbi und Euro gibt es das kleine Land zwar immer noch nicht für Peanuts. Aber für eine Ladung dicker Wassermelonen ganz gewiss.