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Archiv-Artikel

Der Sinnverkäufer

Die Energiewende funktioniert nicht. Völlig unmöglich. Atomkraft ersetzen ja, Kohle nie im Leben. Das ist die These von Hans-Werner Sinn (Foto), Talkshow-gestählter Präsident des Münchner ifo-Instituts, Spiritus Rector all derer, die die Energiewende für den Untergang Deutschlands halten. Sinn vermarktet sich als oberster Mahner gegen den Ökowahnsinn und bekommt entsprechende Einschaltquoten: das ist Teil seines Geschäftsmodells.

Zuletzt trug er an der Ludwig-Maximilian-Universität München seine Thesen vor. Davon gibt es einen Mitschnitt auf Youtube, den man sich anschauen sollte. Ein Musterbeispiel, wie man mithilfe einer aus Titel und Medienpräsenz erwachsenen Autorität eine willkürliche Aneinanderreihung von Zahlen und Hochrechnungen als Wissenschaft verkaufen kann. Mittel der Wahl: Selektiv veraltete Statistiken verwenden, technologische Entwicklungen ignorieren und vor allem: Wäge niemals Alternativen ab.

Gleich zu Beginn behauptet er, dass Deutschland wegen des Atomausstiegs Strom fehlt. Die Zahlen dazu sind Prognosen von 2010, die heute längst überholt sind. Laut Sinn baut die ganze Welt neue Atomkraftwerke, verschweigt aber, dass sie nur dank massiver staatlicher Subventionen gebaut werden. Auch zur Speicherung der erneuerbaren Energien, etwa in Form von Wasserstoff, hat er eine eigene Sichtweise. Nutzt man gleichzeitig die Wärme, ist die Methode mehr als doppelt so effektiv, als von Sinn behauptet. „Am Ende bleibt uns nichts weiter, als zur Kohle zu gehen“, so sein Trugschluss.

Die Internationale Energieagentur sagt hingegen, dass bis 2035 weltweit die Hälfte aller Investitionen in Kraftwerke auf erneuerbare Energieträger entfallen. Na gut, das ist jetzt auch nur so eine selektive Statistik. INGO ARZT