: S-Bahn macht hitzefrei
NAHVERKEHR Wieder fallen vermehrt S-Bahn-Wagen aus: Die Hitze führt zu Überlastung der Technik. Darunter leiden vor allem Kunden auf der Stadtbahn. Kritik der Verkehrssenatorin
HANS-WERNER FRANZ, VBB
VON SEBASTIAN HEISER
Es ist heiß, und schon fallen wieder verstärkt S-Bahn-Wagen aus. Anstelle der versprochenen 832 Wagen können derzeit nur 786 S-Bahn-Wagen eingesetzt werden. Der Grund: Die Klimaanlage im Führerhaus ist überfordert, die Hitze überlastet die elektronischen Geräte, es kommt zu Ausfällen der Technik. Auf der S 3 zwischen Ostbahnhof und Erkner sowie auf der S 5 zwischen Westkreuz und Strausberg fahren die Züge nur noch mit sechs statt acht Wagen. Wie lange die Behinderungen andauern werden, konnte eine Sprecherin des Unternehmens am Wochenende nicht sagen.
Nach Angaben des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) macht sich der Zugausfall gerade auf der Stadtbahn bemerkbar, also auf der Strecke zwischen Bahnhof Zoo, Hauptbahnhof, Alexanderplatz und Ostbahnhof. „Die Fahrgäste, darunter auch die Besucher der WM-Fanmeile und viele Berlin-Touristen, müssen verkürzte Züge in Kauf nehmen“, heißt es in einer Mitteilung des VBB. In der Folge gebe es „erneut überfüllte Züge bei Temperaturen über 30 Grad“.
Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) zeigte sich ungehalten. Nach einem Gespräch mit S-Bahn-Chef Peter Buchner meinte sie: „Ich habe deutlich gemacht, dass die S-Bahn sofort auf den Missstand reagieren muss und die vereinbarte Verkehrsleistung umgehend wiederherstellt und dauerhaft hält.“ Die S-Bahn verwies allerdings darauf, dass es sich um „konstruktionsbedingte Mängel“ handle, die nicht „von heute auf morgen“ zu beseitigen seien.
Der VBB-Geschäftsführer Hans-Werner Franz kritisiert die S-Bahn: „Die Hitzeprobleme der S-Bahn-Fahrzeuge sind nicht neu, deshalb ist es völlig unverständlich, dass diese Schwachstellen nicht längst beseitigt sind.“ Die S-Bahn scheine „eher auf niedrige Sommertemperaturen zu hoffen“. Sie müsse die vereinbarten Leistungen „auch bei hochsommerlichen Temperaturen“ erbringen. Er verlangte verbindliche Aussagen darüber, wann die S-Bahn wieder mit der zuletzt versprochenen Anzahl an Wagen unterwegs ist.
Vor knapp zwei Wochen hatten Senat und S-Bahn vereinbart, dass der Senat seine Zahlungen an die S-Bahn kürzen kann, wenn nicht mindestens 1.124 Wagen eingesetzt werden. Zuvor war dies nur dann möglich, wenn ein Zug ganz ausfällt – nicht aber, wenn ein Zug mit weniger Wagen als üblich fährt. Derzeit sind nur etwa 70 Prozent der erforderlichen Wagen auf den Schienen. Weil die Berliner S-Bahn, die zur Deutschen Bahn gehört, die vorgegebene Zahl auch in den nächsten Monaten nicht erreichen wird, muss sie mit erheblichen Einnahmeausfällen rechnen.
Zudem soll in Zukunft in jedem Quartal überprüft werden, wie viele Fahrzeuge innerhalb der vorgegebenen Frist gereinigt werden. Für jeden Prozentpunkt der Unterschreitung erhält die S-Bahn 10.000 Euro weniger Geld. Wegen Zugverspätungen, unzufriedener Kunden und verdreckter Züge darf der Senat allerdings in diesem Jahr höchstens 25 Millionen Euro einbehalten.