: Schimpfwort Nazi soll unter strikte Strafe gestellt werden
ISRAEL Per Gesetz will die Regierung den Gebrauch nationalsozialistischer Symbole unterbinden
AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL
Wer seinen Gegenspieler in Israel als Nazi bezeichnet, riskiert demnächst Gefängnis- und Geldstrafen. Bis zu sechs Monate Haft und umgerechnet 20.000 Euro Bußgeld sieht ein Gesetzentwurf vor, den die Abgeordneten der Knesset am Mittwoch in erster Lesung befürworteten. Mit 44 zu 17 Stimmen ging die Abstimmung so deutlich für den Entwurf aus, dass bei den kommenden drei Lesungen kein anderes Ergebnis zu erwarten ist.
Kritik kam von den linken und den ultraorthodoxen Parteien. Richtig sei, was Europa unternehme, um dem Antisemitismus Einhalt zu gebieten, wenn judenfeindliche Beschimpfungen untersagt werden, argumentierte Israel Eichler von der ultraorthodoxen Partei Judentum und Tora. In Israel hingegen sei es genau umgekehrt. Hier dürften die Massen aufgehetzt werden gegen „diese Juden“ und die Polizisten dürften mit Gewalt agieren, „aber mir wird dann verboten zu sagen, dass so die Juden in allen möglichen Ländern behandelt wurden“.
Der Reformentwurf zieht die Schlinge so eng, dass schon ein „Wort mit ähnlichem Klang“ wie „Nazi“ strafbar sein kann, wenn es mit der entsprechenden Intention gesagt werde. Symbole der Schoah sind laut Gesetzentwurf verboten, es sei denn, sie werden zu Unterrichtszwecken oder dokumentarisch verwendet. KZ-Uniformen und gelbe Sterne tauchten bei dem Protest der Ultraorthodoxen gegen die Wehrpflicht auf. Künftig soll die Nutzung jedes nationalsozialistischen Symbols unter Strafe gestellt werden, sei es „gemalt, fotografiert, skizziert“.
Als „absurd“ bezeichnete der Abgeordnete Dov Chanin von der linken Partei Chadash das Gesetz und fragt, was mit der Kunst sei. „Dürfen wir jetzt keinen Film mehr über den Holocaust machen?“ Die Initiatoren erklärten, das Gesetz sei nötig aus Rücksicht auf die Holocaust-Überlebenden. Der Gebrauch des Schimpfworts Nazi häufe sich im öffentlichen Diskurs. Das müsse verhindert werden.
Recht so, meinte Scheli Jechimowitsch von der Arbeitspartei, natürlich wolle das niemand. Doch zwischen einem wenig angebrachten Wortgebrauch und Gefängnisstrafe läge eine große Kluft. „Mit diesem Gesetz hätte auch Jeshayahu Leibowitsch für sechs Monate hinter Gitter gemusst“, meinte sie. Der preisgekrönt Religionsphilosoph gehörte zu den schärfsten Kritikern der Besatzung. Jechimowitsch warnte stattdessen vor dem „zynischen Missbrauch des Holocausts“ zu politischen Zwecken.