Beten und Geld verdienen

Mit einer neuen Ausstellung zeigt das Zisterzienser-Museum in Walkenried, worum es den Gottesmännern neben der Suche nach dem Heil auch ging: ums Geschäft. Dabei profitierten die Mönche von ihren Privilegien und einem exzellenten Verwaltungs- und Kontrollsystem

Den Leitspruch der Benediktiner „ora et labora“ nahmen die Zisterzienser im Kloster Walkenried sehr ernst. „Messkelch und Spaten waren für diese Mönche absolut gleichwertig“, sagt Professor Reinhard Roseneck. Der Kunsthistoriker aus Wolfenbüttel muss es wissen – er hat die Geschichte des Ordens erforscht und den Aufbau des neuen Zisterzienser-Museums Kloster Walkenried im Südharz geleitet.

Die Dauerausstellung in Walkenried zeigt den 1098 als Reform-Abspaltung der Benediktiner gegründeten Orden der Zisterzienser erstmals als wirtschaftliche Großmacht. In großem Stil betrieben die Mönche von Walkenried aus Landwirtschaft und Bergbau, sie bewirtschafteten 36 Höfe im ganzen Harz und beuteten dutzende Bergwerke aus, darunter auch die Silbergrube Rammelsberg bei Goslar. Sie trieben Handel, bauten raffinierte Wasserkraftwerke und züchteten Fische.

„Die Zisterzienser-Mönche waren knallharte Arbeitgeber und clevere Geschäftsleute, die Privilegien hatten und diese konsequent ausnutzten“, fasst Roseneck die ökonomische Strategie der Klosterleute zusammen. Zugute kamen ihnen die damaligen Gesetze. Wie andere Orden, mussten auch die Zisterzienser keine Steuern und Abgaben zahlen. Und sie durften in ihren so genannten Stadthöfen auch außerhalb der von den Zünften festgelegten Zonen und Zeiten Handel treiben.

Personalkosten fielen in Walkenried kaum an. Was die Arbeitsmönche nicht selbst schafften, wurde an Leibeigene und Lohnarbeiter delegierte. Den Lohn, erzählt Roseneck, bezahlte das Kloster meist in Naturalien. Gleichzeitig entwickelte der wegen der weißen Mönchskutten später so genannte „Weiße Konzern“ ein exzellentes Verwaltungs- und Kontrollsystem, zur „Supervision“ reisten eigens „Visitatoren“ von auswärts an.

Zwölf Mönche und einen Abt hatte der Orden im Jahr 1129 zur Gründung des Klosters Walkenried ausgesandt. Rund 150 Jahre lebten dort hunderte Mönche und Laienbrüder, das Kloster war damit zum drittgrößten des Ordens gewachsen und hatte seinen Höhepunkt an Macht und Reichtum erreicht. Im 14. Jahrhundert begann der Niedergang. Kriege und Krankheiten dezimierten den Einfluss des mächtigen Ordens ebenso wie die Einflüsse der Reformation. 1523 setzten rebellierende Bauern den Mönchen den „Roten Hahn“ aufs Dach, das Feuer zerstörte einen Großteil des Gebälks.

Dennoch ist das Kloster Walkenried bis auf die Kirche bis heute weitgehend erhalten, das wuchtige Gebäude wurde fast komplett in die Ausstellung einbezogen. Ob Kapitelsaal, Kreuzgang oder Karzer – jeder Raum, fast jede Mauer dient als kulturgeschichtliches Exponat.

Mit der Eintrittskarte bekommen die Besucher Kopfhörer ausgehändigt. An dutzenden Stationen auf dem Rundgang können auf Knopfdruck Programme aktiviert werden, die über Personen und Ereignisse der damaligen Zeit informieren. Im Hintergrund erklingen gregorianische Gesänge und schwellen wieder ab, Scheinwerfer tauchen die Räume abwechselnd in helles oder gedämpftes Licht. „Dadurch wird der Besucher in einen bestimmten Rhythmus gezwungen“, sagt Roseneck. Und an den rigiden Tagesablauf der Mönche erinnert.

Doch immer wieder werfen Halogenlampen auch bunte Schriftzüge wie „Kerngeschäft“, „Strategie“ und „Startkapital“ auf Wände und Vitrinen. An diesem Sonntag präsentierte sich das Haus mit einem Tag der offenen Tür erstmals der Öffentlichkeit Reimar Paul

Tag der offenen Tür ist an diesem Sonntag von 12–17 Uhr. Danach ist die Ausstellung immer Dienstag bis Sonntag, 10-17 Uhr geöffnet. Weitere Informationen unter www.kloster-walkenried.de