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Archiv-Artikel

Hinrichtung mit 15 Minuten Todeskampf

TODESSTRAFE Der wegen Mordes zum Tode verurteilte Dennis McGuire wird im US-Bundesstaat Ohio mit einem vorher nie getesteten Giftcocktail umgebracht und erleidet dabei offenbar furchtbare Qualen

„Die meisten Verurteilten schlafen ein. Er geriet in Bewegung“

ANDREW WELSH-HUGGINS, REPORTER

WASHINGTON taz | Der Todeskampf von Dennis McGuire dauerte mehr als 15 Minuten. Ein Augenzeuge seiner Hinrichtung berichtete anschließend, dass er nach der Injektion die Augen weit aufriss und verdrehte, Brust und Bauch vorwölbte, nach Luft schnappte, röchelte. Und noch mehrere Gesten mit der Hand in Richtung seiner Familie machte. „Oh mein Gott“, stöhnte die anwesende Tochter des Hingerichteten, als er nach zehn Minuten immer noch kämpfte.

Der Bundesstaat Ohio hat für die Hinrichtung am Donnerstag eine nie zuvor in den USA getestete Kombination von zwei Drogen ausprobiert: das sedierende Mittel Midazolam und den mit Morphin verwandten Stoff Hydromorphon. Zuvor war dem Bundesstaat der Vorrat an der Droge ausgegangen, die bislang in einem Dreiergemisch zum Töten verwendet wurde.

Das eigentlich für Angstzustände, Schlafstörungen und Epilepsie gedachte Mittel Pentobarbital war seit 2010 in mehreren US-Bundesstaaten für Hinrichtungen verwendet worden. Doch unter dem Eindruck der Proteste von Menschenrechtsgruppen entschied der dänische Pentobarbital-Hersteller Lundbeck, sein Mittel nicht mehr an Staaten zu verkaufen, die es zum Töten benutzen.

Die Anwälte von McGuire, der wegen Vergewaltigung und Ermordung der hochschwangeren Joy Stewart im Jahr 1989 zum Tode verurteilt worden war, haben bis zuletzt versucht, die Hinrichtung mit dem unbekannten neuen Drogencocktail zu verhindern. Sie sprachen vorab von dem Risiko, dass ihr Mandant „in Agonie und Terror ersticken“ werde. Und sie machten geltend, dass die Verfassung grausame Strafen verbietet. Doch Staatsanwalt Thomas Madden hielt für den Staat Ohio vor Gericht dagegen, die Verfassung garantiere keinen „bequemen“ Tod.

Ursprünglich wollte der Bundesstaat Ohio den neuen Tötungscocktail schon im vergangenen November an einem anderen Mann ausprobieren. Doch als der wegen der Ermordung eines dreijährigen Mädchens verurteilte Ronald Phillips anbot, seine Organe zu spenden, verschob Governor John Kasich die Hinrichtung. Ohio ist einer von 32 US-Bundesstaaten, die weiterhin töten. In seinen Todestrakten sitzen gegenwärtig 138 Männer und Frauen ein. In Ohio stehen in diesem Jahr noch fünf weitere Exekutionen an, die nächste ist für den 19. Februar geplant.

Der Journalist Andrew Welsh-Huggins, der insgesamt zwölf Hinrichtungen als Reporter beigewohnt hat, erklärte mehrere Stunden nach dem Ende von McGuire in einem Interview, dass er nie einen so langsamen Tod gesehen habe. „Die meisten Verurteilten schlafen ein“, sagte Welsh-Huggins, „heute war es umgekehrt. Der Verurteilte war lang relativ still, dann geriet er für zehn bis zwölf Minuten in Bewegung.“ Eine Sprecherin kündigte eine Untersuchung an.

DOROTHEA HAHN