WER EINEN MILLIARDEN-KONZERN ERBT, KOMMT UM DIE STEUER HERUM : Die großzügige Koalition
Die große Koalition will Kinder von Familienunternehmern ab 1. Januar 2007 von der betrieblichen Erbschaftsteuer befreien. Dafür müssen die Nachfolger den Betrieb über zehn Jahre fortführen und die Arbeitsplätze erhalten. Auf eine Fristenregelung hatte sich 2005 schon der „Jobgipfel“ von SPD, CDU/CSU und Bündnisgrünen geeinigt.
Begründet wurde dies mit der Gefahr, dass der Sohn eines Handwerksmeisters den vom Vater geerbten Betrieb aufgrund finanzieller Überforderung schließen und seine Mitarbeiter entlassen muss. Dies dürfte zwar in Wirklichkeit kaum vorkommen, weil 35 Prozent des Betriebsvermögens ohnehin steuerfrei bleiben und das Finanzamt die Erbschaftsteuer jetzt schon stunden kann. Wenigstens wurde auf dem Jobgipfel die Regelung auf Betriebsvermögen bis 100 Millionen Euro – nicht gerade kleine Mittelständler! –begrenzt und festgelegt, dass sie durch das Schließen von Steuerschlupflöchern im Unternehmensbereich „aufkommensneutral“ gegenfinanziert werden sollte. Die neue Regelung sieht jetzt jedoch keine Begrenzung nach oben hin mehr vor. Auch wer einen Familienkonzern à la Burda, Oetker, Quandt oder Springer erbt, ohne ihn zu veräußern, wird von der Erbschaftsteuer befreit. Dafür haben die Sozialdemokraten eine vage Bindung an den Arbeitsplatzerhalt durchgesetzt – was Kritiker in der Union gleich als Gängelung des Unternehmertums geißeln. Firmenerben eine Gegenleistung abzuverlangen erscheint solchen Politikern bei Millionären und Milliardären als falsch.
In kaum einem westlichen Industrieland ist die Erbschaftsteuer so niedrig und das Finanzaufkommen daraus so gering wie in der Bundesrepublik. Auch im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit bringt das Steuergeschenk wenig, denn wieso sollten Familienunternehmer fähiger sein als potenzielle Käufer? Mitnahmeeffekte sind dagegen kaum zu vermeiden. Konsequenter ist da Präsident George W. Bush. Er will in den USA die Erbschaftsteuer abschaffen. CHRISTOPH BUTTERWEGGE
Der Autor ist Hochschullehrer und leitet die Abteilung für Politikwissenschaft an der Universität zu Köln