„Da müssen Sie Sammer fragen“

Hockey-Experte und Klinsmann-Vertrauter Bernhard Peters hält den neuen Bundestrainer Jogi Löw für unterschätzt und den DFB für durchaus reformfähig. Möglicherweise kann er selbst einen Beitrag zur Modernisierung des deutschen Fußballs leisten

INTERVIEW BASTIAN HENRICHS

taz: Herr Peters, haben Sie in den letzten Tagen Kontakt zu Jürgen Klinsmann gehabt?

Bernhard Peters: Ja, vor anderthalb Wochen. Wir haben aber nicht über seine Zukunft gesprochen.

Sehen Sie es als realistisch an, dass der Weg der Modernisierung, den Klinsmann eingeschlagen hat, weitergeführt werden kann?

Ja, ich glaube, alle Beteiligten haben gesehen, dass es die richtigen Ideen waren, die angegangen worden sind. Es ist wichtig, dass die Spieler auch davon überzeugt waren. Die Erkenntnisse, dass alles positiv gelaufen ist, sind jetzt auch im Präsidium des DFB angekommen. Man hat zwar die Symbolfigur für diesen Aufbruch verloren, aber ich glaube schon, dass dieser Umdenkprozess voll im Gange ist.

Halten Sie Joachim Löw für den richtigen Mann, Klinsmanns Philosophie weiterzuführen?

Löw wird in der Kontinuität dieser Ideen die guten Ansätze weiter fortführen. Ich glaube, dass seine Rolle insgesamt total unterschätzt wurde in den letzten zwei Jahren. Er hat eine große Rolle in dem Konzept Klinsmann gespielt, und er wird einen sehr guten Job machen.

Was muss passieren, dass die Modernisierung aus dem sportlichen Bereich auch wirklich in die Präsidiumsetagen des DFB vordringt?

Das müssen Sie den Herrn Sammer fragen. Er ist Sportdirektor des DFB, und er wird sicher versuchen, die richtigen Konzepte umzusetzen. Ich glaube, dass er damit begonnen hat, aber das wird eine große Aufgabe für ihn.

Hatten Sie damals, als Sie mit dem DFB in Verhandlungen standen, den Eindruck, dass der DFB so verkrustet ist, wie er oft dargestellt wird?

Nein, das ist überzogen dargestellt. Es gibt auch dort solche und solche. Es ist ja wichtig, die gute Tradition des Fußball-Bundes aufrechtzuerhalten, aber man muss innovativ denken und die Entwicklungen, die im internationalen Fußball passieren, mitgehen. Dazu waren etliche im Präsidium noch nicht bereit.

Gerade Ihre Einstellung als Sportdirektor wäre ja ein revolutionärer Schritt gewesen. Woran ist er gescheitert?

Wir haben versucht, unser Konzept und unsere Inhalte darzustellen, aber man hat sich für den bekannten Fußballkopf entschieden, weil man Angst hatte vor der Öffentlichkeit. Außerdem wurde die Stellenbeschreibung eines modernen Sportdirektors, was die Aufgaben in Führungs-, Management- und Strukturverbesserung angeht, nicht gut genug mit dem Präsidium kommuniziert. Das war sicher auch ein Fehler von Oliver Bierhoff, Jürgen Klinsmann und von mir.

Sind die Verhandlungen mit dem DFB Ihrerseits endgültig abgeschlossen?

Nein. Es wird noch Gespräche über eine Beratertätigkeit geben, nur der Verhandlungstermin steht noch nicht fest.

Sehen Sie auch im Bereich der Bundesliga die Möglichkeit, dass sich die Vereine an den neuen Ideen bereichern?

Einige Bundesligisten arbeiten bereits sehr gut und differenziert, andere noch nicht. Auch wenn es viele Bundesligisten nicht zugeben wollen, glaube ich, dass – angestoßen durch die Symbolfigur Klinsmann – ein Nachdenken eingesetzt hat und dass, was Umfang, Intensität, Differenzierung, Individualisierung, Trainerspezialisten angeht, eine neue Zeitrechnung begonnen hat.

Glauben Sie, dass es wirklich nur familiäre Gründe waren, die Klinsmann bewogen haben aufzuhören? Oder war es der Gegenwind vor der WM?

Beides, glaube ich.

Muss sich der DFB also Mitschuld eingestehen? War die Kritik zu stark?

Das hat für einen großen emotionalen Druck gesorgt. Ich denke, dass das jetzt auch ein Grund ist, warum er nicht mehr mitmachen will.