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Archiv-Artikel

Schutz fürs Heim vorm Staat

Bundesverfassungsgericht: Hausdurchsuchungen müssen besser begründet seinals mit bloßen Vermutungen. Erst sollen mildere Recherchemittel genutzt werden

FREIBURG taz ■ Hausdurchsuchungen dürfen nicht auf vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen gestützt werden. Daran erinnerte gestern das Bundesverfassungsgericht. Wenn es mildere Mittel gebe, um einen Sachverhalt aufzuklären, sei eine Hausdurchsuchung unzulässig, so die Richter.

Im konkreten Fall war ein Kleinunternehmer aus Braunschweig in den Verdacht der Steuerhinterziehung geraten. Seine Ehefrau hatte mit unklaren Mitteln eine größere Gewerbehalle gebaut. Die Ermittlungsbehörden vermuteten, das Geld stamme aus nicht versteuerten Einnahmen des Mannes. Dieser erklärte, das Geld stamme aus einem Kredit seines Schwiegervaters, dieser habe große Einnahmen aus einem Grundstücksverkauf erzielt. Das glaubte die Steuerfahndung dem Mann nicht und durchsuchte dessen Wohnung und Geschäftsräume. Erst später stellte sich heraus, dass der Schwiegervater tatsächlich ein Grundstück verkauft hatte. Daraufhin wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt.

Der Kleinunternehmer hatte sich über die stigmatisierende Hausdurchsuchung so geärgert, dass er nun deren Rechtswidrigkeit feststellen lassen wollte. Doch das Landgericht Braunschweig hielt das Vorgehen der Steuerfahndung für zulässig: Wenn der Schwiegervater zuerst gefragt worden wäre, hätte dies den Überraschungseffekt einer anschließenden Hausdurchsuchung vereitelt.

Eine mit drei Richtern besetzte Kammer des Bundesverfassungsgerichts wies dies nun aber zurück. Die Steuerfahnder hätten erst die plausiblen Angaben des Unternehmers prüfen müssen, bevor sie deren Unwahrheit unterstellen. Die Fahnder hatten nur die Steuererklärung des Schwiegervaters geprüft, das habe aber nicht genügt, denn Einnahmen aus einem Grundstücksverkauf sind in der Regel steuerfrei, tauchen also in der Steuererklärung nicht auf.

Die Fahnder hätten also zunächst den Schwiegervater befragen und dessen Angaben beim zuständigen Grundbuchamt und dessen Bank überprüfen müssen. Dass dies eventuell mühseliger gewesen wäre, als eine Wohnung zu durchsuchen, ließen die Karlsruher Richter nicht als Argument gelten. Diese „Mühewaltung“ sei vom Staat schon zu verlangen, bevor er in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung eingreife. Im Fall des Braunschweiger Unternehmens sei die Hausdurchsuchung jedenfalls eindeutig unverhältnismäßig und damit rechtswidrig gewesen. (Az.: 2 BvR 2030/04) CHRISTIAN RATH