Wolfgang Barth-Völkel
: Saubermann mit Kleisterfingern

Mensch, wenn das Ronald Schill wüsste. Weiß er natürlich nicht, denn der frühere Hamburger Innensenator und bundesweit in die Schlagzeilen geratene Ex-„Richter Gnadenlos“ ist an unbekanntem Ort verschollen. Dass aber seine ehemaligen Mitstreiter aus der Schill-Partei – offiziell „Partei Rechtsstaatlicher Offensive“ – deren Ideale im nachhinein so in den Schmutz ziehen, das dürfte den obersten Saubermann doch erheblich schmerzen.

Die erschütternde Wahrheit: Wolfgang Barth-Völkel, ehemaliger Schill-Bürgerschaftsabgeordneter und Bundestagskandidat, ist ein Wildplakatierer. Was heißt: Ohne behördliche Genehmigung hängt er an Laternenpfählen Hinweisschilder auf, auf denen er für Flohmärkte wirbt. Nun kann man die Meinung vertreten, dass das nicht wirklich schlimm sei. Noch vor vier Jahren aber hätte der Schill-Getreue für solches Treiben anderen mit Gefängnisstrafen gedroht.

Bei der Hamburger „Zentralstelle Wildplakatierung“ sind inzwischen sieben Bußgeldverfahren gegen Barth-Völkel und seine Frau aktenkundig. So richtig überraschen kann das eigentlich nicht: Flohmärkte zu organisieren, das war schon vor seiner Zeit als Parlamentarier der Beruf Barth-Völkels; der Herausgeber eines Magazins, in dem Floh- und Trödelmarkttermine aufgelistet sind, bezeichnete sich stets als „Journalist“. Auch dass er selbst bestimmen will, was rechtens ist und was nicht, demonstrierte er beispielsweise mit einer Trunkenheitsfahrt.

Barth-Völkels politische Glanzleistung jedoch dürfte jenes Interview gewesen sein, das er im Juli 2002 der taz gab: Für medizinische Zwangsuntersuchungen und Internierungslager für kranke Asylsuchende sprach er sich da aus, um die deutsche Bevölkerung vor Aids zu schützen. Sonst, so Barth-Völkel, könnte ja ein ukrainisches Au-Pair-Mädchen einen deutschen Mann beim One-Night-Stand infizieren. Das ging sogar seinem Fraktionskollegen Frank-Michael Bauer zu weit: Der drohte Barth-Völkel mit einer Strafanzeige wegen Volksverhetzung. Die konnte dann aber nach einem Machtwort Schills durch einen „Händedruck unter Männern“ abgewendet werden. ELKE SPANNER