: Die undankbare Kundschaft
BIOANBAU Der Obstbauernfamilie Quast hat ihren Hof auf ökologische Landwirtschaft umgestellt. Wirtschaftlich hat sie damit gerade einmal die Pleite vermieden
VON WOLFGANG DENZLER
Der Obstbauer Heinrich Quast ist stolz auf die Qualität seiner Ware. Mit seiner Beratung hat sein Sohn Jörg den Betrieb im Alten Land vor den Toren Hamburgs vor acht Jahren auf ökologischen Anbau umgestellt und ist dem Anbauverband Bioland beigetreten. Das kostete Kraft, was von der Kundschaft nicht angemessen honoriert wird. Ohne die Umstellung hätte sich der Betrieb jedoch nicht halten lassen.
Der Bioanbau braucht mehr Ackerfläche und ist deutlich arbeitsintensiver, weil keine synthetischen Spritz- und Düngemittel eingesetzt werden dürfen. „Da musst du wirklich auf den Knien durch die Jungpflanzen rutschen zum Unkraut jäten“, sagt Quast senior.
Im ökologischen Obstbau sind nur organische Mittel erlaubt. Doch wenn im Biobereich nur noch wenige Stoffe wie Schwefel oder Kupfer angewendet werden dürften, bildeten sich leicht Resistenzen etwa bei Pilzen, sagt Quast. Dabei machten es die kombinierten Anforderungen des Gesundheitsschutzes, der Lebensmittelsicherheit und des Wasserschutzes unmöglich, die Mittel zu wechseln.
Die organische Mittel müssten hoch dosiert werden, sagt Quast. Das synthetische Pendant zerfalle nach wenigen Wochen, so sei es gebaut. Die Naturstoffe dagegen hielten eine Ewigkeit. „Das ist nicht ungefährlich“, gibt Quast zu bedenken.
Trotz der erschwerten Bedingungen fordern der Handel und die Kundschaft makellose Ware. „Die akzeptieren keine schwarze Stelle“, sagt Quast. Für das Mehr an Qualität seien sie aber nicht im entsprechenden Umfang bereit zu zahlen. Das sieht auch Jürgen Boruszewski vom Deutschen Fruchthandelsverband so: „Zwölf Kohlköpfe kosten soviel wie ein Maß Oktoberfestbier“, sagt Boruszewski. Da stimmt die Relation nicht mehr.“
Für Jörg Disselborg von der Bundesfachgruppe Obstbau ist die Übermacht des deutschen Einzelhandels am Preisverfall schuld. „Die Konzentration bei den Supermarktketten ist erschreckend“, sagt er. „Da wird stark nur auf niedrige Preise hingearbeitet.“ Dagegen könnten sich die schwach organisierten Erzeuger kaum wehren.
Dazu kommt der Druck durch politisch gewollte Importe. „Wenn mit Chile oder China über den Export von deutschen Maschinen verhandelt wird, wollen die dafür knallhart eine Gegenleistung“, sagt Quast. Den Politikern sei die Exportindustrie da einfach wichtiger als die einheimischen Bauern. Die weichen Kriterien des EU-Biosiegels erlaubten es Importeuren, zweifelhafte Ware in den deutschen Markt zu drücken. Richtige Öko-Ware gebe es nur von den Anbauverbänden wie Bioland oder Demeter, sagt Quast. Auch Martin Hofstetter von Greenpeace sieht die offenen Grenzen als Hauptgrund für die Preisspirale nach unten.
Quast sieht einen weiteren Nachteil gerade für die Biobetriebe in den absurden Größen-Vorgaben der EU für Obst und Gemüse. Zu kleine Ware würde automatisch als schlechtere Qualität eingestuft. „Die Kinder brauchen als Pausenbrot für die Schule doch einen kleinen Apfel, der viele Inhaltstoffe und viel Geschmack hat. Und keine aufgeblähten Leuchtäpfel aus Übersee“, findet er.
Trotzdem lohne sich unterm Strich der Mehraufwand für die Ökobauern durch den „wesentlich anständigeren Preis“ der erzielt werden könne. „Wir können zufrieden sein“, sagt Quast. Hätten wir weiter konventionell gearbeitet wäre der Betrieb heute am Ende.“