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Archiv-Artikel

Schuften für Zwei

Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands wird man als Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen zwar nicht – aber auch in Düsseldorf gibt es Parlamentarier, die quasi nebenher noch einen ganz normalen Job ausüben. Ein Bäcker, eine Bankerin, ein Arzt, ein Bauer und ein Gewerkschaftssekretär erzählen, wie sie die Doppelbelastung managen. Was halten sie von Norbert Röttgen und Reinhard Göhner, den nordrhein-westfälischen Wirtschaftslobbyisten in der CDU-Bundestagsfraktion?

Horst Ellinghaus (CDU), Bäcker

Brot backen und Parlamentsarbeit, geht das zeitlich zusammen?

Ja – wenn man eine tatkräftige Ehefrau hat. Wenn Sitzungswochen sind, stehe ich nachts einfach nicht im Betrieb. Ansonsten arbeite ich normal.

Gibt es einen Interessenkonflikt?

Als Bäcker? Bestimmt nicht.

Und wenn Sie Wirtschaftsfunktionär wären?

Ich bin dafür, dass Abgeordnete einen Beruf ausüben. Aber das Mandat sollte die höhere Priorität haben. Was Norbert Röttgen vorhatte und Reinhard Göhner macht, das ist schon ein bisschen arg viel.

Helene Hammelrath (SPD), Bankdirektorin

Wann finden Sie als Abgeordnete Zeit, eine Bank zu führen?

Ich arbeite abends, am Wochenende und zu Hause. Eigentlich immer, mal von ein paar Wochen Urlaub abgesehen. Das geht schon.

Kollidieren die Interessen schon mal?

Nein. Ich bin 24 Stunden am Tag Sozialdemokratin. In beiden Jobs.

Was sagen Sie zu Norbert Röttgen und Reinhard Göhner?

Ehrlich gesagt, hat mich das nicht so berührt. Ich kann dem viel abgewinnen, wenn Abgeordnete ihr eigenes Geld verdienen. Ich habe jedenfalls nicht Skandal geschrien.

Stefan Romberg (FDP), Nervenarzt

Krankenhausärzte klagen über Mehrarbeit – wie kann man da noch nebenbei Parlamentarier sein?

Ich arbeite nur zehn Stunden pro Woche in meinem Beruf. Mir ist das wichtig: Als Abgeordneter profitiere ich davon, wenn ich auf einer Nachtschicht das richtige Leben mitbekomme. Dadurch wird auch der ganze Landtag lebendiger.

Haben Sie schon einmal bei einer Abstimmung an Ihren Job gedacht? Oder während den Tarifverhandlungen beim Finanzminister interveniert?

Aus Tarifverhandlungen sollten sich Parlamentarier heraushalten. Aber ich bin ein Lobbyist für meine Patienten, die sonst keine Lobby haben: Psychisch Kranke werden noch immer schlechter behandelt als körperlich Kranke.

Welche Doppelrollen halten Sie noch für vertretbar?

Gleichzeitig Hauptgeschäftsführer des BDI und Abgeordneter zu sein, das geht gar nicht. Ich würde das nie machen. Allerdings fände ich es falsch, so etwas gesetzlich zu verbieten. Spätestens bei der nächsten Wahl sollte der Bürger eine solche Doppelrolle beenden.

Josef Hovenjürgen (CDU), Landwirt

Stehen Sie morgens auf dem Feld und sitzen nachmittags im Parlament?

Nein. Zum Glück fallen ja die Erntezeit und die parlamentarische Sommerpause zusammen.

Kann ein Landwirt bei Agrarthemen unabhängig abstimmen?

Ich habe noch nie eine Entscheidung im Landtag von meiner persönlichen Situation abhängig gemacht.

Sollte Reinhard Göhner wie Norbert Röttgen auf sein Amt im Wirtschaftsverband verzichten?

Ich habe großen Respekt davor, dass das Bundestagsmandat für Norbert Röttgen einen so hohen Stellenwert hat, dass er auf das BDI-Amt verzichtet hat. Letztlich muss aber jeder selbst wissen, was er macht.

Norbert Römer (SPD), Gewerkschaftssekretär

Ist es zu schaffen, gleichzeitig Gewerkschaftssekretär und Abgeordneter zu sein?

Für mich schon. Ich habe nur eine 20-Prozent-Stelle.

Sehen Sie sich primär als Gewerkschaftsvertreter oder als SPD-Abgeordneter?

In beiden Jobs muss ich den Kontakt zur Arbeitswelt halten. Das geht Hand in Hand. Einen Interessenkonflikt gibt es da aber nicht.

Ist es dasselbe, für eine Gewerkschaft oder einen Wirtschaftsverband zu arbeiten?

Ich will nicht über andere richten. Jeder muss selbst mit seiner Organisation abklären, was geht.