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Archiv-Artikel

Deutscher Dschihadist soll zurückkehren

TERROR Wochenlang hatten deutsche Behörden keinen Kontakt zu dem in Pakistan inhaftierten Islamisten Rami M. Nun durften sie ihn im Gefängnis besuchen. Noch im August könnte er in Deutschland sein

BERLIN taz | Der deutschsyrische Dschihadist Rami M. könnte nach taz-Informationen noch im August nach Deutschland überstellt werden. Seit sechs Wochen sitzt der 25-Jährige in einer Zelle des pakistanischen Geheimdienstes ISI. Vertreter der deutschen Botschaft in Islamabad konnten ihn inzwischen im Gefängnis besuchen. Er sei den Umständen entsprechend in ordentlicher Verfassung, hieß es in Sicherheitskreisen. Nach M.s Verhaftung hatte Amnesty International befürchtet, er könnte in Pakistan gefoltert werden.

Nach einer Überstellung soll der in Frankfurt geborene Rami M. angeklagt werden. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der Islamischen Bewegung Usbekistan (IBU). Zu einer möglichen raschen Überstellung von M. nach Deutschland heißt es dort offiziell: „Die Frage eines Auslieferungsantrags wird geprüft.“

Rami M. hatte sich im März 2009 mit weiteren Islamisten aus Hamburg in das pakistanisch-afghanische Grenzgebiet aufgemacht. Er soll dort laut Sicherheitskreisen im Umgang mit Waffen und Sprengstoff ausgebildet worden sein und angeblich auch an Kampfhandlungen teilgenommen haben.

Die Umstände, die zu M.s Verhaftung in Pakistan führten, bleiben ominös. Genauso unbeantwortet ist die Frage, ob M. aus dem Heiligen Krieg aussteigen, oder ob er die Behörden täuschen wollte.

Am 15. Juni meldete sich M. telefonisch bei der deutschen Botschaft in Islamabad und sagte, dass er zurück nach Deutschland kommen wolle. Allerdings seien ihm seine Papiere abhanden gekommen. Nach Angaben seiner Frankfurter Anwältin hatte er sich einige Tage zuvor telefonisch mit ihr beraten. Im Gespräch mit der Botschaft wies M. von sich aus darauf hin, dass er per Haftbefehl gesucht werde. Er bekam einen Termin für den 21. Juni und kurz darauf noch eine Art Passierschein von der deutschen Botschaft per E-Mail.

Im Berliner Innenministerium traute man der Sache nicht. Was, wenn M. die Botschaft in Islamabad in die Luft sprengen wollte? Ein ausländischer Geheimdienst wollte Hinweise auf einen geplanten Anschlag haben. Am 19. Juni informierte das BKA auf Weisung des Innenministeriums die pakistanische Polizei von M.s geplantem Trip. Als sich Rami M. am 21. Juni auf den Weg nach Islamabad machte, wurde er festgenommen. Allerdings nicht vor der Botschaft, wie vom deutschen Innenministerium in Erwägung gezogen, sondern 300 Kilometer von der Hauptstadt entfernt – vom Militär. Seitdem sitzt M. in einer Zelle des Geheimdienstes ISI. „Verrat“ warf M.s in Hamburg lebende Frau den deutschen Behörden deshalb vor. WOLF SCHMIDT