: Demonstrieren nicht in Schwarz
BÜROKRATIE Wenn in der kommenden Woche Nazis ihren „Trauermarsch“ in Bad Nenndorf abhalten, gelten dafür strenge Regeln – und genauso für die Gegendemonstranten. Die fühlen sich schikaniert
Sie behaupten trauern zu wollen, aber ihr Motto legt das eigentliche Anliegen offen: „Für die Opfer alliierter Kriegs- und Nachkriegsverbrechen – Gegen die Lüge der Befreiung!“, hat ein sogenanntes „Gedenkbündnis“ aus mehreren rechtsextremen Kameradschaften den Marsch überschrieben, der am 14. August im niedersächsischen Bad Nenndorf stattfinden soll. Mit strengen Auflagen belegt hat der Landkreis Schaumburg neben den Nazis auch deren Gegner.
Die Vorgaben seien „kaum einhaltbar“, sagt der DGB-Regionalvorsitzende Sebastian Wertmüller im Namen des Bündnisses „Bad Nenndorf ist bunt“. So werde verlangt, dass sich alle Ordner einer polizeilichen Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Auch dürften Demonstranten nicht komplett schwarz gekleidet erscheinen – und wenn doch, dann wenigstens nicht nebeneinander herlaufen.
Schwer machen es die Behörden auch dem Sportfest, mit dem die Jugendabteilung des Nenndorfer VfL gegen den rechten Umzug protestieren wollte: Statt direkt an der „Trauermarsch“-Route darf nun nur auf einem rückwärtigen Geländeteil gefeiert werden. Vor dem Verwaltungsgericht Hannover will der DGB nun retten, was noch zu retten ist.
In Bad Nenndorf hatte die britische Armee nach dem Zweiten Weltkrieg ein Gefängnis betrieben, in dem es zeitweise auch zu Misshandlungen internierter Deutscher kam. Dieser Umstand dient alten und neuen Nazis seit 2006 als Anlass für den jährlichen Marsch. Rund 1.000 Teilnehmer werden in diesem Jahr erwartet. Aus Wertmüllers Sicht droht der Nenndorfer Umzug eine Art Ersatz für verbotene Nazi-Events andernorts zu werden.
Kritik am Vorgehen des Landkreises übten gestern auch die Landtagsgrünen: Die Auflagen schränkten die Möglichkeiten für friedliche und couragierte Proteste „massiv“ ein, erklärte der rechtspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Helge Limburg, und seien „völlig überzogen“. ANDREAS SPEIT