piwik no script img

Archiv-Artikel

SERBIEN: EINE PROKLAMATION DES GUTEN WILLENS DARF NICHT AUSREICHEN Mladić festnehmen statt davon reden

Kürzlich hat die serbische Regierung einen Plan vorgestellt, wie sie Ratko Mladić, den „Schlächter des Balkans“ festnehmen kann. Zehn Jahre nach dem Haftbefehl des UN-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag gegen den in Serbien Untergetauchten will Belgrad jetzt endlich, nach so langer Verzögerung, aktiv werden. Das alles soll die EU dazu bewegen, die unterbrochenen Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen mit Serbien wieder aufzunehmen.

Alle Welt weiß, dass Mladić sich oft in Belgrad aufhielt. Noch im Januar dieses Jahres hat er – inzwischen öffentlich bekannte – Wohnungen genutzt. Und auch die internationalen Diplomaten wissen, dass er über Helfer nicht nur in der Armee und der Polizei, sondern sogar im Regierungslager verfügt. Wo der Zugriff erfolgen müsste, ist der politischen Spitze des Landes sicherlich bekannt.

Dabei ist es für die serbische Regierung nicht leicht, sich gegen das Netzwerk des Generals aus Bosnien zu stellen. Ex-Premierminister Zoran Djindjić hat den Versuch, Serbien von dem Geflecht aus nationalistischen Hardlinern, Kriminellen und Kriegsverbrechern zu säubern, mit dem Leben bezahlt. Ratko Mladić und dessen politischer Führer, der ebenfalls noch nicht verhaftete Radovan Karadžić, stehen für eine Ideologie, von der sich die serbische Gesellschaft lossagen müsste, wollte sie wirklich nach Europa kommen.

Die Regierung ist im Zugzwang, sie darf nicht mehr nur Pläne vorzeigen, sondern muss auch handeln. Serbien hat sich isoliert und verliert wirtschaftlich an Boden. Der Konflikt zwischen den proeuropäischen Kräften und den Geistern der Vergangenheit muss sich zuspitzen, um entschieden zu werden. Erstaunlich, dass es international noch Politiker gibt, denen eine Proklamation des guten Willens aus Belgrad ausreicht, um die bisher klare Haltung der EU zu verwässern. Wer jetzt an Kompromisse denkt, tut den Serben keinen Gefallen. Und: Welche Bürger Europas wollen schon ein Mitgliedsland, das sich nicht von seiner verbrecherischen Vergangenheit lossagt? Erst wenn die beiden Gesuchten gefasst sind, kann die serbische Gesellschaft ihre Isolierung aufbrechen. Deshalb muss Brüssel hart bleiben. ERICH RATHFELDER