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Archiv-Artikel

Europäischer Grenzschutz um jeden Preis

SPANISCHE EXKLAVEN Tote und Verletzte bei dem Versuch, von Marokko nach Europa zu gelangen

„Sie schlugen uns auf beiden Seiten und nahmen uns Handys und Geld ab“

BRUNO, FLÜCHTLING AUS KAMERUN

AUS MADRID REINER WANDLER

Mindestens acht afrikanische Flüchtlinge sind am Donnerstag ertrunken, als sie von Marokko in die spanische Exklave Ceuta zu schwimmen versuchten. 300 weitere Flüchtlinge stürmten erfolglos den Zaun, der Europas Außenposten abschirmt. Es sind die Letzten einer Reihe von Schlagzeilen, für die die Grenzanlagen der beiden nordafrikanischen Exklaven Spaniens, Ceuta und Melilla, seit Tagen sorgen.

Nichtregierungsorganisationen werfen den Grenzschützern der Guardia Civil vor, internationales Recht und die Menschenrechte zu verletzen. Ein von der Kinderschutzorganisation Prodein aus Melilla veröffentlichtes Video zeigt, wie am 15. Januar Flüchtlinge mit Geländewagen an den sieben Meter hohen Grenzzaun gebracht und nach Marokko abgeschoben wurden. Sie hatten erst kurz zuvor spanisches Gebiet erreicht.

„Die Migranten werden gefangen genommen und im Kofferraum der Fahrzeuge transportiert“, kritisiert Prodein-Sprecher José Palazón. Unter den Opfern dieser Praktiken seien auch Verletzte. Auf marokkanischer Seite werden sie von Grenzschützern mit Prügel empfangen. Am jenem Tag sollen mehr als 450 Flüchtlinge den Zaun gestürmt haben. 60 sei dessen Überwindung gelungen, doch wurden die meisten sofort gefasst und wieder abgeschoben.

Das Innenministerium in Madrid leugnet den Vorfall nicht. Es seien jedoch „sporadische Aktionen“. „Im Allgemeinen halten sich Guardia Civil und Polizei an die Vorschriften“, sagt der konservative Innenminister Jorge Fernández Díaz zu Vorwürfen von Prodein, dies habe mindestens seit 2014 Methode. „Es ist ein übliches Vorgehen“, hält Prodein-Sprecher Palazón dagegen.

Dies bestätigt auch der Kölner Attac-Aktivist Alan Mitcham. Er steht seit einem Besuch auf der marokkanischen Seite der Grenzen im letzten Herbst mit Flüchtlingen in Kontakt, die auf eine Gelegenheit warten, den Zaun zu überwinden. „Einer meiner Kontakte, Bruno aus Kamerun, berichtet von einem weiteren Massenansturm am 2. Februar“, erklärt Mitcham und legt Mitschnitte von Telefongesprächen vor. Mindestens 400 Flüchtlingen seien in dieser Nacht auf den Zaun geklettert. Bruno wurde auf der spanischen Seite gefasst und mit anderen durch den Zaun wieder abgeschoben. „Wir erlitten alle Verletzungen durch den Natodraht“, berichtet er am Telefon. „Sie schlugen uns auf beiden Seiten und nahmen uns Handys und Geld ab.“ Bruno wurde mit vier weiteren Flüchtlingen in ein Krankenhaus in Rabat eingeliefert. Er hatte Schnittverletzungen, die anderen hatten Knochenbrüche durch Stürze und Knüppelschläge.