Wohin in Bremen?
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■ Sonntag, 11 Uhr

Räten gedenken

Vor 95 Jahren war der Traum aus – der Traum von einer Räterepublik Bremen. Friedrich Ebert, an den auch in Bremen noch heute eine Straße erinnert, hatte die am 10. Januar 1919 ausgerufene „sozialistische Republik Bremen“ am 4. Februar zusammenschießen lassen, die allerdings zu diesem Zeitpunkt auch schon politisch gescheitert war. 24 Soldaten der Regierungstruppen, 28 bewaffnete Arbeiter und 29 zivile Opfer, darunter sechs Kinder, fielen den Auseinandersetzungen zum Opfer. Am Sonntag wird der Verteidiger der Räterepublik auf dem Waller Friedhof gedacht, im Anschluss gibt es ein Kulturprogramm im „Westend“.

■ Samstag, 20 Uhr

Mely Kiyak: Istanbul-Notizen

Es hätte ja auch gar nicht recht zu ihr gepasst, könnte man meinen: Mely Kiyak (Foto: Ute Langkafel), bissige und in konservativen Kreisen innig verachtete Publizistin (Sarrazin im Sinn), hatte sich vorgenommen, in Istanbul die Seele baumeln zu lassen, Ideen zu sammeln, zu flanieren. Allerdings kamen ihr vor allem bei Letzterem die Proteste auf dem Taksim in die Quere. Natürlich ließ sie es sich nicht nehmen, sich umzuschauen, zu beobachten, zu notieren, zu berichten. Dabei entstand im Laufe der Monate ein Istanbul-Porträt im Zeichen der Rebellion. Mittlerweile sind ihre Aufzeichnungen unter dem Titel „Istanbul Notizen“ auch als Buch erschienen, als E-Book, um genau zu sein. Schöner ist es gewiss, sich das auf der Bühne vorlesen, vorspielen, vormusizieren zu lassen. Wofür es am heutigen Samstagabend in der Schwankhalle Gelegenheit gibt. Mely Kiyak bringt für diese interdisziplinäre Buchvorstellung ihre musizierenden und singenden Freunde Haydar Kutluer und Nevzat Akpinar mit.

■ Samstag & Sonntag, 19 Uhr

Iwan Wyrypajew: Sauerstoff

Das Stück: auf dem Weg zum Klassiker. Sein Autor: einer der wichtigsten russischen Dramatiker der Gegenwart. „Sauerstoff“ von Iwan Wyrypajew ist seit seiner Uraufführung 2003 immer wieder aufgeführt worden und auch in Deutschland erfolgreich. 2012 inszenierte der Schauspieler und Regisseur Tim Egloff, der auch regelmäßig am Bremerhavener Stadttheater arbeitet, das Stück in Frankfurt. Seither ist seine Fassung von „Sauerstoff“ an verschiedenen Theatern zu Gast gewesen, jetzt ist Bremen an der Reihe. In zehn Strophen verhandelt das Stück analog zu den zehn Geboten Fragen nach gesellschaftlichen Werten in Zeiten der Krise. Karl Walter Sprungala und Isabelle Barth spielen Alexander und Alexandra, ein Liebespaar, die DJane Iris Reinhardt Hassenzahl setzt musikalisch Struktur. Die Junge Welt attestierte den beiden Schauspielern „Präzision, Leichtigkeit und untrügliches Gespür für den richtigen Tonfall, den Rhythmus, das Tempo, die ständigen Wechsel zwischen Tiefe, Banalität und Ironie“. Zu sehen gibt es das im Turm des Kulturzentrums Schlachthof.

■ Samstag, 20 Uhr

Spoilpark

Auf den Straßen von New York, Istanbul, Zürich, Paris und anderen fand Ulli Bomanns die Motive für seine Kunst. Diese von Witterung und Zerfall gezeichneten urbanen Samplings, Versatzstücke und Erinnerungsspuren zwischen Werbeschildern, Schaufenstern und Hauseingängen entriss er per digitalem Verfahren ihren ursprünglichen Zusammenhängen und stellte sie neu zusammen. Für seine Ausstellung „Spoilpark“, die am heutigen Samstag in der Spedition am Güterbahnhof eröffnet wird, hat er mit dem Sounddesigner Malte Bieler eine Klanginstallation geschaffen, die analog zum bildnerischen Verfahren urbane Sounds collagiert.