Platzhirsch macht den Weg frei

Der niedersächsische Kommunalwahlkampf, aus der Nähe betrachtet (I): Der CDU-Amtsinhaber Jürgen Danielowski hat sich unbeliebt gemacht. Die Zeichen stehen auf einem Dreikampf der Kandidaten von CDU, SPD und Grünen

Der Christdemokrat Jürgen Danielowski wurde im Jahr 2000 völlig unerwartet Göttinger Oberbürgermeister und Verwaltungschef. Der bis dahin kaum bekannte Politiker konnte seinen populären Gegenkandidaten von der SPD wohl nur in der Stichwahl besiegen, weil die rot-grüne Koalition in Berlin damals schwer im Stimmungstief dümpelte und überall bei Wahlen heftig Prügel bezog.

In den sechs Jahren seiner Regentschaft hat sich Danielowski bei vielen Göttingern unbeliebt gemacht. Mit selbstherrlichen, bisweilen gegen den gesamten Stadtrat getroffenen Entscheidungen verärgerte er nicht nur Linke und Ökologen – wie zuletzt durch die eigenmächtige Aufhebung einer „Tempo 30“-Zone.

Zur Kommunalwahl am 10. September tritt Danielowski nicht mehr an. Die CDU schickt für ihn Daniel Hellberg ins Rennen. Hellberg ist kein Mann aus der ersten Reihe der Göttinger Union, fällt aber bisweilen durch unkonventionelle Positionen auf. So sprach er sich für eine Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Innenstadtkirche aus. Und er befürwortet die Ansiedlung einer IKEA-Filiale – gegen das Votum des Einzelhändlerverbandes „Pro City“.

Erwartet wird ein Dreikampf um das Oberbürgermeisteramt zwischen Hellberg sowie den Bewerbern von SPD und Grünen. Für die Sozialdemokraten tritt der städtische Rechtsdezernent Wolfgang Meyer an. Der gelernte Jurist gilt als guter Allrounder, versprüht aber wenig Charisma.

Dritter unter den aussichtsreichen Bewerbern ist der Grüne Stefan Wenzel, derzeit Fraktionschef seiner Partei im niedersächsischen Landtag. Er möchte mit den „neu-grünen“ Themen Bildung, Kultur und Familie punkten. Klassische Themen wie Verkehr und Umwelt drohen auch bei den Grünen etwas unter die Räder zu kommen. Bei den vergangenen Wahlen fuhr die Partei in Göttingen Ergebnisse zwischen 15 und 20 Prozent ein.

Dass einer der drei genannten Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit schafft, erscheint ausgeschlossen. Es wird also zu einer Stichwahl zwischen den zeichen stehen aufbeiden Bestplatzierten kommen – wer das sein wird und ob der unterlegene Dritte dann zur Wahl eines anderen Bewerbers aufruft, darüber wird derzeit heftig spekuliert. Einige Grüne halten es jedenfalls nicht für ausgeschlossen, dass Göttingen nach Freiburg die zweite deutsche Großstadt mit einem grünen Oberbürgermeister wird.

Die „Wählergemeinschaft Göttinger Linke“, ein Bündnis aus Linkspartei, WASG, DKP und Unorganisierten, bietet Sabine Lösing als OB-Kandidatin auf. Sie saß mehrere Monate im Bundesvorstand der WASG und ist in Göttingen als Attac-Aktivistin bekannt. Für die FDP kandidiert der parteilose Wirtschaftswissenschaftler Christian Bebek. Als Einzelwahlvorschlag wurde am Montag noch der Student Jan Rindfleisch zugelassen.

Bei den gleichzeitigen Wahlen zum Göttinger Stadtrat dürfte die rot-grüne Mehrheit weiter Bestand haben. Interessant wird sein, ob die bislang mit zwei Ratsherren vertretene Linke, die unter anderem einen populären „Dissidenten“ der Grünen sowie etliche Unorganisierte als Kandidaten benannt hat, ihre Fraktion vergrößern kann. Reimar Paul