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Archiv-Artikel

Die Häuser werden von sich aus aktiv

RESTITUTION Die Kulturstiftung der Länder informiert

Von WBG

Viel zu spät hat die Provenienzforschung in Deutschland eingesetzt. Als in Köln und Hamburg die SpezialistInnen 2000 zu forschen begannen, war das früh. Erst 2008 erfolgte der entscheidende Schritt zur systematischen Erforschung des NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts in den öffentlichen Sammlungen als Kulturstaatsminister Neumann mit Unterstützung der Länder die Arbeitsstelle für Provenienzforschung einrichtete. Sie fördert die Recherchen der Häuser und Einrichtungen, die eigene Forschungen nicht finanzieren können, bis etwa hin zum Heimatverein Lüneburg, der sich wegen der Herkunft einiger alter Möbelstücke im öffentlichen Besitz sorgt.

Viel zu spät wurde auch die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit angegangen, um über die rund 14,3 Millionen Euro zu informieren, die seit 2008 in die Herkunftsforschung flossen, oder über erfolgreiche Restitutionen, über unbefristete Stellen, die es nun in einzelnen Häuser gibt und darüber, dass die Herkunft der Sammlungsbestände zu klären inzwischen als wesentlicher Teil der Museumsarbeit akzeptiert ist. Dieses Versäumnis räumte die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen vor zwei Tagen in der Baden-Württembergischen Landesvertretung in Berlin ein, wo sie mit Vertretern der Länder, der Museen und der Arbeitsstelle das Unterlassene nachholte.

Erklärtermaßen ging es um die Erfolgsbilanz der seit 2008 geleisteten Arbeit. So wurden Fördermittel für insgesamt 129 kurz- und langfristige Projekte an großen und kleinen Museen und Bibliotheken vergeben, dank denen Wissenschaftler 90.000 verdächtige Kunstwerke und Kulturgüter in 67 Museen, über eine halbe Million Bücher und Drucke in 20 Bibliothek untersuchen konnten. Daraus ergaben sich auch zahlreiche Restitutionen. Insgesamt wurden den rechtmäßigen Erben in den vergangenen 15 Jahren rund 12.000 NS-verfolgungsbedingt entzogene Kunst- und Kulturgüter zurückgegeben. Inzwischen werden die Museen von sich aus aktiv. Von den insgesamt 19 seit 2010 in Baden-Württemberg aktuellen Restitutionsfällen gehen 13 auf Recherchen der Provenienzforschung zurück.

Unbestreitbar ist die Provenienzforschung heute öffentlicherseits professionalisiert und institutionalisiert. Es braucht die vom Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, Ende Januar geforderte internationale Kommission zur Klärung der Restitutionsforderungen nicht. Insofern sie nur begrenzt häufig zu Beratungen zusammentreten könnte, würde sie die Komplexität der Fälle vorhersehbar überfordern. Was es braucht, sind unbefristete Stellen, die es zwar an einigen großen Häusern, nicht aber bei der Arbeitsstelle für Provenienzforschung selbst gibt. Unbefristet immerhin wird die Arbeitsstelle finanziert, diese Zusage steht vonseiten der Länder. In einem nächsten Schritt gelte es den Kunsthandel und seine Archive mit ins Boot zu holen. WBG