Tour durch die Instanzen

Auch die B-Probe des Dopingtests von Floyd Landis ist positiv. Doch der US-Radprofi beteuert weiter seine Unschuld und will nun alle möglichen Rechtsmittel ausschöpfen, um einer Sperre zu entgehen

AUS NEW YORK SEBASTIAN MOLL

Es ist nun vierzehn Tage her, dass Floyd Landis im Gelben Trikot die Champs-Élysées auf und ab fuhr und der Zweite, sein ehemaliger Mannschaftskamerad Oscar Pereiro, ihn mit einer herzlichen Umarmung beglückwünschte. Doch wie es scheint, wird es noch Monate dauern, bis der Sieger endgültig ermittelt ist. Am Samstag verkündete der Radsportweltverband UCI zwar, dass auch Landis’ B-Probe vom 17. Juli Testosteron aufwies; Landis erwiderte jedoch, dass er mit allen Rechtsmitteln gegen eine Sperre sowie gegen die Aberkennung des Sieges angehen werde.

So war die Freude bei Pereiros Mannschaft über den möglichen nachträglichen Sieg vorerst verhalten. Zwar sagte Pereiro, dass er sich nun langsam als Tour-Sieger fühle. Sein Mannschaftssprecher mahnte jedoch zur Zurückhaltung: „Es wäre schön, sagen zu können, dass Oscar der Tour-Sieger ist.“ Aber man müsse erst das Verfahren der kommenden Monate abwarten. Es passt ins Bild dieser Tour de France und der Zustände im Radsport, dass der Tour-Sieger 2006 nun vor Gericht ermittelt wird: zunächst wohl vor dem Vermittlungsausschuss der amerikanischen Anti-Doping-Agentur Usada, dann vermutlich vor dem Court of Arbitration in Sport in Lausanne.

Landis behauptet auch nach der positiven B-Probe, sich den Befund überhaupt nicht erklären zu können, und kündigte einen langen Marsch durch die Institutionen an. „Ich habe nie eine verbotene Substanz genommen“, teilt er auf seiner Homepage floydlandis.com mit. „Ich war der stärkste Mann der Tour und habe nur aus diesem Grund gewonnen.“ Die Verteidigung dürfte Landis allerdings schwer fallen, auch wenn sein Rechtsanwälte-Team anscheinend täglich wächst: Zu den Spaniern José María Buxeda und Luís Sanz ist nun der kalifornische Advokat Howard Jacobs hinzugekommen. Das extrem hohe Verhältnis zwischen Testosteron und Epitestosteron von 11:1 (als „normal“ wird ein Wert von 4:1 angesehen) als natürliche Abweichung zu erklären gilt an sich schon als aussichtslos. Erschwerend kommt hinzu, dass in der vergangenen Woche aus dem Testlabor in Chatenay Malabry bei Paris bekannt wurde, dass es sich bei dem in Landis’ Urin gefundenen Testosteron um künstliches, nicht um körpereigenes handelt.

Wenn sich diese Mitteilung des Laborleiters Jacques de Ceaurriz bestätigt, brechen gleich zwei Verteidigungslinien von Landis zusammen. Die eine ist die Behauptung, dass sich sein natürlicher Testosteronwert wegen ein paar Gläser Whiskey am Vorabend des Tests verschoben habe. Die andere ist die, dass nicht sein Testosteronwert hoch, sondern sein Epitestosteron niedrig gewesen und dass daraus der ungünstige Quotient entstanden sei. Landis will das als Beweis dafür ins Feld führen, dass er nicht zu viel Testosteron im Körper hatte. Künstliches Testosteron senkt jedoch den Epitestosteronwert, wie Dr. Pam Hinton, Sporternährungsexpertin von der Universität Missouri, bestätigt.

Die aussichtsreichere Verteidigungsstrategie der Advokaten scheint zu sein, das Testverfahren sowie die Glaubwürdigkeit des Labors in Zweifel zu ziehen. Darüber hinaus hat das Landis-Lager schon jetzt begonnen, die UCI dafür zu kritisieren, seinen Fall nicht ordentlich gehandhabt zu haben.

Gegenüber seinem Arbeitgeber, dem Phonak-Rennstall, hat Landis indes mit der positiven B-Probe definitiv sein Recht auf die Unschuldsvermutung verwirkt. Phonak entließ Landis umgehend, nachdem am Samstag das Ergebnis der B-Probe bekannt wurde. Die Mannschaft, die gegenüber ihren Sponsoren nach nunmehr sieben Dopingfällen verzweifelt versucht, ihre Glaubwürdigkeit zu retten, sagte, dass es ab jetzt „Landis’ Privatsache“ sei, sich gegen seine drohende Zweijahressperre sowie den automatischen Ausschluss für zwei weitere Jahre von der Pro-Tour zu wehren. Phonak habe damit nichts mehr zu tun.

Landis’ Anwalt Buxeda hofft unterdessen, dass der Fall bis Dezember oder Januar abgeschlossen sei. Angesichts der Tatsache, dass Olympiasieger Tyler Hamilton eineinhalb Jahre lang vor Gerichten um seine Rehabilitierung stritt, eine optimistische Schätzung. Oscar Pereiro wird sich also noch gedulden müssen, bis er das Gelbe Trikot wird anziehen können.