Bloß nicht mehr am Millerntor

HEIMKOMPLEX St. Pauli verliert zu Hause 0:1 gegen Bochum und so den Anschluss. Boll geht zum Saisonende

Das Gegentor wäre nicht gefallen, wenn St. Pauli den langen Pfosten besetzt hätte

Die klarste Chance gab es nach 93 Minuten. Marc Rzatkowski nahm den Ball knapp außerhalb des Strafraums auf und drosch ihn volley gegen die Querlatte des Bochumer Tors. Sekunden später beendete Schiedsrichter Daniel Siebert die Partie und besiegelte so eine 0:1-Heimniederlage des FC St. Pauli.

Zuvor hatten gut 29.000 Zuschauer ein fahriges und chancenarmes Fußballspiel miterlebt, auf das der Hamburger Zweitligist von Minute zu Minute mehr den Zugriff verlor. Die Hausherren mussten schon nach zwölf Minuten den Rückstand hinnehmen: Zuerst gelang es keinem Hamburger einen Bochumer Eckball wegzuköpfen, dann kam Jan-Philipp Kalla gegen Holmar Eyolfsson zu spät, dessen Pfostenschlenzer Torwart Philipp Tschauner auch noch selber über die eigene Linie drückte. Es war schon das zehnte Gegentor nach einer Ecke, das nicht gefallen wäre, wenn der FC St. Pauli den langen Pfosten besetzt hätte.

Was dann über 80 Minuten folgte, charakterisierte St. Paulis Kapitän Kalla nach Spielende mit den Worten, sein Team habe „nicht die richtigen Mittel gefunden“, um die Bochumer Abwehr zu knacken. Konterangriffe ohne Tempo, ein Spielaufbau ohne Überraschungen, finale Pässe und Torschüsse ohne Präzision und Spieler, die nicht einmal dem Ball entgegengingen, charakterisierten das Spiel der Hamburger.

Immerhin verpassten Sören Gönther per Kopf und Marcel Halstenberg per Freistoß kurz vor der Pause nur knapp den Ausgleich. Doch auch die Bochumer hätten durch Richard Sukuta-Psu fünf Minuten vor der Pause schon die Vorentscheidung erzielen können.

Wer mit Anpfiff der zweiten Hälfte nun einen Sturmlauf der Hamburger erwartet hatte, wurde enttäuscht. „Wir hatten keine Linie mehr im Spiel und haben unsere Potenziale nicht mehr abgerufen“, kritisierte Trainer Roland Vrabec nach dem Abpfiff. Es entwickelte sich ein konfuses Spiel, in dem der VFL Bochum – ohne glänzen zu können – die deutlich besseren Torchancen hatte. St. Pauli hingegen legte seine schlechteste Saisonhalbzeit aufs Parkett. Bis zur 93. Minute geriet die Bochumer Führung nicht mehr in Gefahr.

Nach der siebenten Saisonniederlage knabbern die auf Tabellenplatz sieben abgerutschten Hamburger an einem ausgewachsenen Heimkomplex. Von den letzten sieben Partien am Millerntor konnte der Kiez-Club nur eine gewinnen.

Zum Saisonende wird der Verein seinen Kapitän verlieren. Er werde im Sommer seine Profi-Karriere beenden, teilte der altgediente St. Paulianer Fabian Boll am Sonntag auf Facebook mit. Hauptgrund für diese Entscheidung ist seine angeschlagene Gesundheit.  MARCO CARINI