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Archiv-Artikel

Nächster Akt mit neuem Personal

Israels Regierung beschließt, die Offensive auszuweiten. Die Truppen dort bekommen einen neuen Kommandeur. Der alte stand zu sehr in der Kritik

Die Offensive ist auf zwei Wochen angelegt, im Sicherheitskabinett schon von „30 Tagen“ die Rede

aus Jerusalem Susanne Knaul

Israels Premierminister Ehud Olmert beugt sich der Armee. Nach langem Zögern und stundenlanger Debatte entschied das Sicherheitskabinett gestern die Ausweitung der Bodenoffensive, den Einsatz tausender Reservisten und die Errichtung einer temporären, bis zu 20 Kilometer breiten Pufferzone im Südlibanon. Stabschef Dan Halutz und Verteidigungsminister Amir Peretz versprachen den Ministern, dass die verstärkte Offensive den Krieg zu einem „anderen Ende“ führe.

Die Entsendung neuer Truppen wird unweigerlich die Zahl der Gefallenen in die Höhe treiben, dazu kommt, dass die Intensivierung der Kampfhandlungen ausgerechnet jetzt Kritik im Ausland auslösen muss. Die internationale Staatengemeinschaft ringt um eine Einigung über die UN-Resolution zur Befriedung der Region. Die Armee drängt indes gerade aufgrund der sich abzeichnenden diplomatischen Lösung auf Zeit, um die Voraussetzungen für spätere Verhandlungen zu verbessern. Die liberale Tageszeitung Ha’aretz zitierte gestern Regierungskreise, man habe Halutz „nie so energisch“ erlebt wie im Verlauf der Beratungen des Sicherheitskabinetts.

Die erweiterte Offensive ist Berichten zufolge auf zwei Wochen angelegt, wobei im Kabinett auch schon von „dreißig Tagen“ die Rede war, in denen die gesamte, südlich vom Fluss Litani gelegene Region erobert werden soll. Die meisten Abschussstützpunkte für die Kurzstreckenraketen liegen in diesem Gebiet. Die Entscheidung des Sicherheitskabinetts ignoriert die zwei Tage zuvor von der Regierung in Beirut einstimmig beschlossene Entsendung von 15.000 libanesischen Soldaten in den Süden des Libanons.

Für den nächsten Akt des Krieges hat Stabschef Dan Halutz auch kurzerhand die Hauptrollen an der Militärspitze neu verteilt. Zwar bleibt der Kommandeur für den nördlichen Sektor, Udi Adam, offiziell weiter im Amt, oberste Befehlsgewalt wird ab sofort indes Halutz’ Stellvertreter Mosche Kaplinski übertragen. Kaplinski wird „Vertreter des Stabschefs im Kommando Nord“, wobei die Kompetenzen und Hierarchien, so meint Ron Ben-Ischai, Armee-Analyst der Zeitung Jediot Ahronot, unklar blieben.

Die ungewöhnliche Entscheidung auf dem Höhepunkt der Kämpfe kam wenig überraschend, nachdem Adam schon am Wochenende vor Journalisten offene Kritik an der Regierung Olmert übte. Die Regierung habe ihn daran gehindert, zu einem früheren Zeitpunkt eine breite Bodenoffensive zu befehlen.

Adam war als „regionaler Kommandant“, ein Titel, der von ihm selbst geschaffen worden war und der sämtliche Waffengattungen umfasst, wiederholt öffentlich in Kritik geraten, angefangen mit der Entführung der beiden israelischen Soldaten am 12. Juli durch Hisbollah-Milizen, nachdem der Libanonkrieg losgebrochen war. Auch der Tod von vier UN-Beobachtern, die Katastrophe von Kana und vor allem der nach vier Wochen Kampfhandlung unverändert intensiv andauernde Raketenbeschuss wird zu großen Teilen dem „regionalen Kommandanten“ angelastet. Auch General Gabi Hirsch, Kommandeur der an der Grenze eingesetzten Division, wurde nach einem Bericht vom Freitag praktisch seiner Funktionen enthoben.

Sorge vor Vorwürfen spätestens nach dem Krieg müssen sich aber auch die Geheimdienste und die Politiker machen. Regierungsreporter Aluf Benn von Ha’aretz bemerkte, dass Regierungschef Olmert diese Woche Kollegen davor warnte, sich in die Militärstrategie einzumischen. „Sie müssen dem Stabschef nicht seine Aufgabe erklären“, zischte er den ehemaligen Elitesoldaten und heutigen Oppositionschef Benjamin Netanjahu an. Benn analysiert Olmerts Verhalten als „Vorbereitungsmaßnahme“ für die möglichen „Nachkriegsuntersuchungen“.