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Archiv-Artikel

Allein im Hohen Haus

COMEBACK Der wegen Anstiftung einer Scheinehe verurteilte Bülent Ciftlik kehrt in die Politik zurück

Die Genossen sind empört, dass Ciftlik sein Mandat nicht zurückgegeben hat

Alte Funktionsträger gehen, neue Gesichter kommen – Stühlerücken ist angesagt am heutigen Mittwoch in der Bürgerschaft, wenn Ole von Beust verabschiedet wird und Christoph Ahlhaus (beide CDU) samt drei neuer Senatoren den Amtseid leisten. Da könnte es fast untergehen, dass ein Abgeordneter nach langer Auszeit wieder dabei ist: Bülent Ciftlik, wegen Anstiftung einer Scheinehe erstinstanzlich verurteilt und deshalb aus der SPD-Fraktion ausgeschlossen, wird wieder in der Bürgerschaft Platz nehmen – als fraktionsloser Abgeordneter.

„Trotz der vergangenen fürchterlichen zwölf Monate“, so Ciftlik gegenüber der taz, werde er „den Auftrag des Wählers annehmen und sein Mandat wieder ausüben“. Es könnte ein Spießrutenlaufen werden. In der SPD hat der türkischstämmige Politiker keine Freunde mehr, die meisten Genossen sind empört, dass Ciftlik sein Mandat nach dem Rauswurf aus der Fraktion nicht zurückgeben und sein Parteibuch behalten hat.

Umgekehrt will auch Ciftlik „nicht mehr automatisch“ mit den Genossen stimmen. „Ich organisiere meine parlamentarische Arbeit und meine Meinungsbildung jetzt allein – da kann es zu Abweichungen von den Positionen der SPD-Fraktion kommen“, kündigt der 38-Jährige an, der damit rechnen muss, dass seine einstigen Genossen einen großen Bogen um ihn machen.

Bülent Ciftlik hat inzwischen Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegt, das ihn zu einer Geldstrafe von 12.000 Euro verdonnerte – er soll eine deutsch-türkische Ehe eingefädelt haben, die nur dem Zweck diente, dem Ehemann ein Aufenthaltsrecht zu sichern. Der gestrauchelte Politiker beteuert noch immer seine Unschuld und hofft, „dass es schnell geht und das Verfahren vor dem Landgericht noch in diesem Jahr beginnt“. MARCO CARINI