unterm strich
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Es gibt nur ein Thema, auch im Ausland: Der Rat des nordpolnischen Danzig (Gdansk) will nach dem Bekenntnis des Schriftstellers Günter Grass, er sei Mitglied der Waffen-SS gewesen, erst einmal abwarten. „Die Angelegenheit ist zu frisch, um sie zu kommentieren“, sagte Bogdan Oleszek, der Vorsitzende des Stadtrats, der polnischen Nachrichtenagentur PAP. „Man muss das alles erhellen. Formal besteht allerdings die Möglichkeit, Grass die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen.“ Der Stadtrat wolle sich womöglich bereits in den kommenden Wochen mit dem Thema befassen.

Der Literaturnobelpreisträger Grass ist seit Mai 1993 Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Danzig. Die Stadt errichtete sogar – gegen den Willen des Schriftstellers – ein Grass-Denkmal in einem Park in dem Viertel, in dem er 1927 geboren wurde. Die Werke von Grass sind auch in Polen sehr populär.

In Tschechien droht ihm dagegen der Entzug des Karel-Čapek-Preises des tschechischen PEN-Clubs. „Wir werden das besprechen“, sagte der PEN-Vorsitzende Jiří Stránský am Sonntag im tschechischen Fernsehen. „Ich würde das nicht ohne Beachtung lassen.“ Grass ist Ehrenmitglied des tschechischen PEN-Clubs und hatte die Auszeichnung 1994 erhalten. Der Preis ist nach dem Schriftsteller Karel Čapek (1890–1938) benannt, zu dessen Werken „Der Krieg mit den Molchen“ (1937) gehört. Sein ebenfalls bekannter Bruder, Josef Čapek, Maler und Autor, wurde im Konzentrationslager Bergen-Belsen ermordet.

Und dann reagiert noch Klaus Theweleit, der das Bekenntnis als PR-Maßnahme fürs neue Buch deutet: „Wenn Grass den Polls entnimmt, dass nicht 102 Prozent der Deutschen ihn kennen, dann fällt ihm so etwas ein“, höhnte er im Berliner Tagesspiegel.