: „Abbas ist ein Pragmatiker“
Die „Genfer Initiative“ zu den Verhandlungen
■ 40 Jahre, politischer Analyst und Unterzeichner der „Genfer Initiative“, eines Zusammenschlusses bekannter Politiker beider Seiten, der sich für eine dauerhafte Lösung des Konflikts einsetzt.
taz: Herr Touval, haben Sie Hoffnung, dass die bevorstehenden Friedensverhandlungen zu einem Ergebnis führen werden?
Yonathan Touval: Die Hoffnung ist, dass in dem Moment, wo die beiden Seiten anfangen miteinander zu reden, eine Dynamik entsteht, aus der sich ernsthafte Verhandlungen entwickeln. Eine Lösung kann es nur geben, wenn Verhandlungen stattfinden. Die Tatsache, dass die beiden Parteien zusammensitzen, könnte Benjamin Netanjahu zu der Einsicht bringen, dass er es bei Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit einem Pragmatiker zu tun hat und sich ihm hier eine historische Gelegenheit bietet.
Abbas steht unter dem Druck der eigenen Öffentlichkeit. Fürchten Sie, dass die Palästinenser die Verhandlungen verlassen werden?
Es darf keine öffentlichen Erklärungen über ein Ende des Baustopps geben. Man kann den Palästinensern nicht den Finger ins Auge drücken. Wir von der Genfer Initiative sind im Übrigen sehr glücklich mit dem Baustopp und würden es befürworten, wenn die Regierung damit weitermacht. Ich hoffe, dass Netanjahu einen Weg findet, den Baustopp fortzusetzen, ohne seiner Koalition zu schaden.
Ist die derzeitige Koalition stark genug, um Kompromisse gegenüber den Palästinensern durchzusetzen?
Die Koalition ist eine der stärksten der vergangenen Jahre. Netanjahu hat seine Regierung erfolgreich zusammenhalten können, trotz der Drohungen des ein oder anderen Partners, die Koalition zu verlassen.
Rechnen Sie mit weiterem Widerstand der Hamas und neuem Terror?
Es ist schrecklich und es passiert fast immer, wenn ein politischer Annäherungsprozess beginnt. Das ist der Moment, in dem die Extremisten ihr Haupt erheben und versuchen, Fortschritte zu torpedieren. Gerade deshalb gilt es, so schnell wie möglich eine Einigung zu erreichen und damit die Gegner zu demotivieren.
Angenommen, es zu kommt zu einem Friedensvertrag. Wie kann dieser in die Tat umgesetzt werden, solange der Gazastreifen von der Hamas kontrolliert wird?
Die meisten Punkte des Friedensvertrags betreffen ohnehin das Westjordanland. Die Umsetzung einer Einigung findet nicht über Nacht statt, man kann im Westjordanland anfangen und den Transit nach Gaza, der Teil des Vertrags sein wird, auf später verschieben. Politik ist etwas Dynamisches. In dem Moment, wo es eine Einigung zwischen Israel und den Palästinensern gibt, wird sich die ganze Welt verändern, die moderaten Stimmen werden an Popularität gewinnen und die Hamas wird nicht länger relevant sein. INTERVIEW: SK