berliner szenen Feiern mit Mutti

I will survive

Jahrelang waren sie nur peinlich. Und plötzlich, mit dem eigenen Auszug, werden sie richtig cool: Eltern. Meine Mutter ist dermaßen cool, dass ich Lust bekam, generationenübergreifend mit ihr feiern zu gehen.

Bei dieser neuen Form der familiären Freizeitgestaltung hegte ich den Anspruch, meiner Mutter einen berlintypischen Ort zu zeigen, an dem sie sich nicht durch die Überzahl an Teenies deplatziert fühlen sollte. Vor meinem inneren Auge durchforstete ich den entsprechenden Clubkatalog: Klassiker wie das „Adagio“ oder die „Amber Suite“ waren zu klassisch; „Felix“, „Rotgold“ und „90 Grad“ erinnern zu sehr an einen wenn auch edlen Schuppen. Oder wie meine Freundin Annika zur Neueröffnung des Wasserwerks bemerkte: „Die Männer sehen hier alle ein bisschen so aus wie Dieter Bohlen.“ Dann fiel mir ein, dass RadioEins samstags im Zweiwochenrhythmus „Die Schöne Party“ in der Kalkscheune organisiert – RadioEins als Vertreter des Berlinischen und als „nur für Erwachsene“ bekannt.

Das Erste, was wir von der Kalkscheune kennenlernten, war der biergartenstimmungsgetränkte Innenhof, in dem sich die vom Tanzen verschwitzte Menge den leeren Magen mit Bratwürstchen füllte. Mutti und ich stürmten die vier verschiedenen Tanzflächen, die Leute um uns herum waren ebenso bunt gemischt wie die Musik, und plötzlich war die Frau, die da so ungezwungen feierte, nicht mehr Mutti, sondern ein Partygast wie jeder andere, der mir lautstark „I will survive“ ins Ohr grölte und bei rockigeren Klängen die Luftgitarre zückte.

Irgendwann gesellten wir uns zu den anderen, die sich ebenfalls nicht losreißen konnten, in den Innenhof. Langsam wurde es hell. „Schön, die Party mit dir“, sagte Mutti. EVA KUBITZA