Neue Bücherkiste für die HU

Heute beginnt der Bau für das „Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum“, die neue zentrale Bibliothek der Humboldt-Universität. Bis zum Jahr 2009 soll das Haus für insgesamt 2,5 Millionen Bände fertig sein

Von Rolf Lautenschläger

Im Schatten des größten Bibliotheksprojekts der Stadt – die Erweiterung und der Umbau der Staatsbibliothek Unter den Linden – entsteht ab heute ein kleineres, aber zugleich ebenso feines Haus der Bücher. In unmittelbarer Nähe zum Hauptgebäude der Humboldt-Universität (HU) wird in den kommenden drei Jahren das Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum für die zentrale Bibliothek der HU errichtet. Architekt ist der Schweizer Max Dudler, der gerade in Münster einen Bibliotheksbau fertiggestellt hat. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Christioph Markschies, der Präsident der Hochschule, werden mit einem „ersten Spatenstich“ den Baubeginn heute anschieben.

Anlass für den 75 Millionen Euro teuren Neubau ist zum einen, dass die zentrale Uni-Bibliothek der HU in der Hessischen Straße aus allen Nähten platzt. Dort ist sie im einstigen ersten Chemischen Institut der Hochschule untergebracht. Zum anderen soll mit dem Dudler-Gebäude, das hinter dem S-Bahn-Viadukt an der Planckstraße/Ecke Geschwister-Scholl-Straße angesiedelt sein wird, ein seit der Kaiserzeit bestehendes Provisorium beendet werden.

„Seit 1910 hatte unsere Universitätsbibliothek eigentlich kein eigenes Gebäude mehr“, so Christoph Markschies. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurden mangels Raum große Bestände in Teile der alten Königlichen Bibliothek an der Universitätsstraße ausgelagert. Nach dem Zweiten Weltkrieg und in Folge der Zerstörung des Lesesaals ging die Reise in andere Provisorien weiter.

Auch zu DDR-Zeiten waren umfassende wissenschaftliche Buchbestände am Bebelplatz und in mehreren anderen Gebäuden und Magazinen der HU-Umgebung verstreut. Derart auseinandergerissen, „geriet die gesamte innere Struktur der traditionsreichen Bibliothek in Schieflage“, kommentiert Elke Peschke, Pressesprecherin der Bibliothek, die damalige Lage. Mit dem Neubau und seiner 2009 geplanten Eröffnung werde dieser unhaltbare Prozess für Nutzer und Bibliothek beendet.

Für Markschies bildet der Dudler-Entwurf in seiner Architektursprache „eine Synthese aus Tradition und modernem Kommunikationstempel“. Traditionell daran ist, dass der Architekt eine klassische Blockrandbebauung entlang der Planck- und Geschwister-Scholl-Straße geschaffen hat. Traditionell ist auch, dass der langrechteckige Bau gegenüber der S-Bahn mit einer schlichten Lochfassade einer riesigen steinernen Bücherkiste gleicht.

Im Innern des rund 20.000 Quadratmeter Nutzfläche großen Baus löst Max Dudler die engmaschige Fassade auf. Dem Entree mit Restaurant folgt ein hoher zentraler Lesesaal mit hellen Oberlichtern. Er wird Arbeitsplätze für Bücherwürmer und Internetuser beherbergen. Links und rechts der Lesekathedrale ordnen sich die Freihandbestände, Büro- und Magazinstockwerke an. An der Geschwister-Scholl-Straße hat Dudler die Gebäudehöhe verringert und dockt – ganz traditionell – an die fünfstöckigen Altbauten an.

Modern sein wird, dass neben den 1.200 Arbeitsplätzen für die Bibliotheksnutzer Räume und Regale für 2,5 Millionen Bände und Medien neben Vortrags- und Ausstellungssälen entstehen werden. Es werde „offene Kommunikationsbereiche zusammen mit einer zeitgemäßen technischen Ausstattung geben“, so Peschke. Die zentrale HU-Bibliothek bilde einen „adäquaten Raum für die Wissensgesellschaft“. Das Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum werde sich in das entstehende Kultur- und Wissenschaftsband von der Friedrichstraße bis zur Museumsinsel einfügen. Mit der Staatsbibliothek wird sie ab 2010 einen Forschungsschwerpunkt bilden.