Streit über Wissenschaftler in Endlager-Kommission

ENERGIE Vor allem an der Nominierung des Ex-Atommanagers Thomauske entzündet sich Kritik

Zwei der Experten gelten als klare Gorleben-Befürworter

GÖTTINGEN taz | Umweltschützer kritisieren die Liste der acht Wissenschaftler, die nach CDU/CSU, SPD und Grünen der Expertenkommission zur Suche nach einem Endlager für Atomabfälle gehören sollen. Die Aktivisten reiben sich unter anderem an dem ehemaligen Atommanager Bruno Thomauske und dem jahrelang im Bundesumweltministerium beschäftigten Hubert Steinkämper – beide gelten als Gorleben-Befürworter.

Thomauske verantwortete im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) die Erkundung des Salzstocks Gorleben, später auch die Endlagerprojekte Schacht Konrad und Morsleben. Für die Genehmigung der Castortransporte sowie der Zwischenlager an den AKW-Standorten war er ebenfalls zuständig. 2003 wechselte er zur Atomsparte von Vattenfall. Als die vom Konzern betriebenen AKWs Brunsbüttel und Krümmel unfallbedingt vom Netz gingen, musste Thomauske gehen. Doch er fiel weich – auf einen unter anderem von RWE gesponserten Lehrstuhl an der Technischen Hochschule Aachen. Er hält den Salzstock im Wendland für „sorgfältig ausgewählt“ und „fraglos geeignet“.

Hubert Steinkämper ist Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft für Reaktorsicherheit und galt als Vertrauter des kürzlich in den Ruhestand geschickten Atomfreundes Gerald Hennenhöfer im Umweltministerium. Steinkämper habe als Unterabteilungsleiter „die Interessen der alten Atomgarde“ vertreten, urteilt die Organisation ausgestrahlt.

Der Jurist Hartmut Gaßner vertrat das BfS in den Erörterungsterminen für die Standortzwischenlager und auch im – verlorenen – Prozess vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig um die Genehmigung des Zwischenlagers Brunsbüttel.

Auch Michael Sailer, Geschäftsführer des Öko-Instituts und Chef der Entsorgungskommission des Bundes, hat bei Umweltschützern an Wertschätzung verloren, seit er sich für Castortransporte nach Gorleben einsetzte und gegen die Räumung des maroden Atommülllagers Asse aussprach.

Der Physiker und Philosoph Armin Grünwald vom Karlsruher Institut für Technologie (ehemals Kernforschungszentrum Karlsruhe) und der Tiefbauingenieur Wolfram Kudla von der Bergakademie Freiberg lassen sich nicht ohne Weiteres einer „Fraktion“ zuordnen. Dagegen gelten die Geologen Ulrich Kleemann und Detlev Appel als Kritiker eines Endlagers in Gorleben.

„Die Liste muss überarbeitet werden“, fordert ausgestrahlt. Schließlich stellten die Wissenschaftler die Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder der Kommission. Mit dieser Zusammensetzung aber „steht das Ergebnis schon vorher fest“. REIMAR PAUL