JOSEF WINKLER ÜBER WORTKLAUBEREIKONFLIKT WEGEN KATEGORISCHER ABLEHNUNG EINES BERUHIGUNGSSAUGERS ESKALIERT. VATER FÜHLT SICH SEIT TAGEN „VERKACKEIERT“
: Säugling übel beschimpft

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MÜNCHEN taz | Ein Säugling im Alter von gerade zwei Wochen musste sich Mittwochnachmittag in München-Haidhausen vom eigenen Vater üble Beschimpfungen gefallen lassen. Ohrenzeugen zufolge fielen Begriffe wie „dickes Schweindl“, „oide Gurk’n“ und „Schoaskanon“. Wegen seiner provokanten Wortwahl zur Rede gestellt, erklärte der Vater, dies sei sein reguläres Kommunikationsverhalten mit dem Kind und „alles bloß Gaudi“ respektive „liebevoll gemeint“. Im Übrigen mache der Ton die Musik und im Umgang mit einer „aufgedrehten Krampfhenna“ wie seiner Tochter sei mitunter „Klartext angezeigt“.

Der Vater hatte zuvor in einer wenig beachteten Erklärung das wiederholte und nach seiner Auffassung unbegründete Geschrei des Babys als „wenig hilfreich“ bezeichnet, Proteste gegen die Einnahme eines schnellen Mittagessens durch die Eltern als kontraproduktiv zurückgewiesen und die „auf der Hand liegende Unverhältnismäßigkeit“ in der Wahl der Mittel seitens des Säuglings gegeißelt. Der Erklärung waren nächtelange lautstarke Krawalle vorausgegangen, die sich auf die gesamte Wohnung erstreckten und die im Wochenbett geschwächte Mutter sowie mutmaßlich das halbe Haus in Mitleidenschaft gezogen hatten. Entzündet hatte sich der Konflikt an dem nach Darstellung des Vaters „elementaren Mangel an Kooperationswillen“ vonseiten des Kleinstkinds, das sich gleichwohl stets von seiner niedlichsten Seite zu zeigen bemüht sei.

So habe das Kind die Bereitschaft zur Einnahme von Fencheltee zwecks Linderung mutmaßlich vorliegenden Bauchwehs erst nach langen, von Rückschlägen gezeichneten Verhandlungen erkennen lassen. Zudem fühle der Vater sich von der Praxis des Säuglings, die Zeiten unmittelbar nach Abnahme der Voll- und vor Anbringung der Folgewindel zum Wasserlassen zu nutzen, „verkackeiert“.

Als „schlicht himmelschreiend“ indes kasteit der Vater die zunächst kategorische Weigerung des Säuglings, einen so genannten Beruhigungssauger oder Schnuller zu akzeptieren. Die Zähigkeit der Verhandlungsfortschritte auf diesem vitalen Gebiet seien nicht nachvollziehbar, sei das Kind doch im saugfähigen Alter und habe – zumal am Busen der Mutter – wiederholt immense Saugkraft unter Beweis gestellt. „Mit so einer Haltung macht man sich in diesem Haushalt keine Freunde“, kritisiert der Mann, wer solch „stramme Integrationsverweigerung“ an den Tag lege, beschwöre Sanktionen herauf. „Erpresserische Pseudokompromisse“ der Art, das Kind bei Androhung von Gequietsche auf unabsehbare Zeit bei jeder Unmutsäußerung aus seinem Bettchen zu heben und ihm, wie nun mehrmals geschehen, stundenlang jazzige Bassläufe vorzusingen, seien mit ihm nicht zu machen.

Er werde sich nicht auf übereilte Zusagen einlassen, die Zusammenarbeit mit dem Infanten müsse vielmehr „auf dem Boden eines nachhaltigen Konzepts zukunftsfähig ausgebaut“ werden, so der Vater, der sich eindringlich für eine spürbare Verlängerung der Schnullersaugzeiten aussprach.

Der Säugling lehnt eine Stellungnahme bislang ab.