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Archiv-Artikel

Erfolgreiche Tradition

Trotz Dementi des Außenministers ist deutsche Hilfe beim Gefangenen-Deal im Nahen Osten sehr wahrscheinlich

BERLIN taz ■ Es war wohl eher eine Frage der Diskretion als ein echtes Dementi: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wies gestern im Anschluss an ein Treffen mit seiner israelischen Amtskollegin Zipi Livni Berichte über deutsche Vermittlungsbemühungen für einen Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon zurück. Anlass war die Meldung der ägyptischen Zeitung al-Ahram, wonach die beiden israelischen Soldaten, die am 12. Juli von der Miliz entführt worden waren, spätestens in zwei bis drei Wochen gegen libanesische Häftlinge in Israel ausgetauscht werden. Deutsche Vermittler versuchten derzeit, die „Modalitäten des Austausches“ festzulegen. Für diese Berichte gebe es „keine Basis“, sagte Steinmeier gestern in Berlin. Für eine deutsche Beteiligung an den Vermittlungen gebe es weder von israelischer noch von libanesischer Seite Anfragen.

Die israelische Zeitung Ha’aretz zitierte dagegen gestern in ihrer Onlineausgabe den Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, mit den Worten: „Es ist weithin bekannt, dass Deutschland Möglichkeiten dabei hat zu helfen, die entführten Soldaten freizubekommen.“

Um die Freilassung der zwei Entführten zu ermöglichen, solle Israel libanesische Gefangene freilassen, sagte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah am Sonntag in Beirut. Der libanesische Parlamentspräsident Nabih Berri solle die Federführung bei den Verhandlungen übernehmen.

Für ein Engagement des Bundesnachrichtendienstes (BND) spricht weiter, dass sich Livni mit dem Chef des Pullacher Dienstes, Ernst Uhrlau, treffen sollte. Er hatte als Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt 2004 bereits einen Austausch zwischen beiden Seiten erreicht. Damals ließ Israel im Rahmen der Operation „Himmelblau-weiß“ über 400 Gefangene frei – im Austausch gegen die Leichen dreier Soldaten und einen entführten Geschäftsmann.

Den Kontakt zu der Miliz hatte einst der umtriebige Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer (CDU) aufgebaut. 1996 jettete der gelernte Studiendirektor mit dem Spitznamen „007“ in den Libanon und ließ sich als Vermittler in der Region feiern. Die Israelis übergaben den Libanesen 45 lebende und 123 tote Hisbollahis und erhielten dafür die Leichen zweier 1982 im Süden des Libanon gefallener israelischer Soldaten. WOLFGANG GAST