Zensus: nur bedingt brauchbar
: KOMMENTAR VON KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

In der einen Wohngemeinschaft fraß die Katze den Erhebungsbogen, in einer anderen machte eine „umgefallene“ Tasse mit Kakao das Erfassen der Antworten nahezu unmöglich. Auch in vielen gutbürgerlichen Haushalten klingelten die Volkszähler beim letzten Zensus in Westdeutschland 1987 mehr als dreimal ganz vergeblich an den Haustüren, denn der Volkszählungsboykott war damals en vogue.

Experten bewerteten die Ergebnisse dieser letzten Volkszählung denn auch als „nur bedingt brauchbar“. Das gilt auch für die alte DDR: Dort wurde das Volk zuletzt 1983 gezählt. Viele Politiker und Statistiker glauben deshalb, dass es höchste Zeit sei, die Basisdaten der Bevölkerung im vereinigten Deutschland neu zu erfassen.

Selbst die passioniertesten Gegner der damaligen Volkszählung, etwa die Grünen, sind heute dafür. Und auch die Mehrheit der Bevölkerung sieht heute keine Veranlassung mehr, sich der für 2010 geplanten neuen Zählung zu verweigern: Nach einer Umfrage befürworten zwei Drittel der von Infratest befragten Bundesbürger den geplanten Zensus.

Staatsvertrauen also statt Angst vor dem totalen Überwachungsstaat? Wohl kaum. Der Zensus 2010 soll nämlich eine registergestützte Volkszählung werden und keine umfassende Erhebung durch von Haus zu Haus ziehende Beamte und Angestellte aus Ämtern und Behörden. Einer solchen Totalerhebung würden nur noch 44 Prozent der befragten Bürger zustimmen. Doch Bundesstatistiker halten eine reine Registerabgleichung von Einwohnermeldeämtern mit den Daten der Agenturen für Arbeit und der Industrie- und Handelskammern, wie sie jetzt auch aus Kostengründen beschlossen wurde, nicht für ausreichend: Da könne man es gleich sein lassen.

Richtig so. Warum auch Daten neu erheben, die es in den Datenspeichern diverser Behörden schon längst gibt? Eine Totalerhebung wiederum ist zu teuer und womöglich wieder nur bedingt durchsetzbar. Also: Lasst es lieber bleiben. Und verteilt das so eingesparte Geld – gut 450 Millionen Euro beim registergestützten Zensus – lieber an bedürftige Hartz-IV-Empfänger. Die müssten dazu allerdings erst einmal statistisch erfasst werden.