: Kohle verdienen mit Kohleaktie
Der geplante Börsengang soll die RAG zu einem modernen Mischkonzern machen. Während Wirtschaftsprüfer den Wert der früheren Ruhrkohle ermitteln, geht das Gerangel um die Aktie los
VON MARTIN TEIGELER
Geht es nach Firmenchef Werner Müller, wird mit dem Börsengang vieles gut in NRW. „Im Konsens mit der Politik“ will der Konzernmanager die frühere Ruhrkohle 2007 zu einer starken Aktie machen. Mit dem Börsengang solle ein großes DAX-Unternehmen im Ruhrgebiet entstehen. Dann würden auch die größten Investitionen des neuen Unternehmens in NRW erfolgen, versprach Müller unlängst bei einem Soloauftritt im Wirtschaftsausschuss des Landtags. Doch nicht nur zentrale Fragen wie die Altlasten des Steinkohle-Bergbaus sind weiter ungeklärt und politisch umstritten (taz berichtete), auch die Börsenzukunft einer möglichen RAG-Aktie bewerten Analysten und Finanzexperten unterschiedlich.
Wer vom Börsengang profitiert und welche Anleger mittelfristig etwas von möglichen Höhenflügen einer RAG-Aktie hätten, ist offen. In Medienberichten wird Müller oft als Initiator einer „Volksaktie“ beschrieben. Offiziell drückt sich der Konzern zurückhaltender aus. „Es ist nicht beabsichtigt, die Aktie des neuen Unternehmens mit einem Etikett zu versehen“, so eine Unternehmenssprecherin. Die Aktie sei „für alle Anleger gedacht und soll neben Dividendensicherheit auch Wachstumsphantasien bieten“.
Einen Vorgeschmack auf die RAG-Börsenstrategie könnte das Gebaren beim Tochterunternehmen Degussa bieten. Die Kleinaktionäre der Chemiefirma verlangen bisher vergeblich, beim Börsengang der Muttergesellschaft RAG vor anderen Anlegern zum Zug zu kommen. „Wir wollen ein bevorzugtes Zeichnungsrecht“, so Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Die RAG prüft die Forderung. „Ich bin da eher skeptisch“, sagt Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger.
Kommen also beim Börsengang vor allem Großanleger zum Zuge? Schließlich sollen mit dem Aktienstart angeblich rund 5,5 Milliarden Euro eingenommen werden. „Volksaktie wird die RAG sicherlich nicht werden“, sagt der Händler Florian Weber von der Düsseldorfer DKM Wertpapierhandelsbank (s. Interview). Andere warten mit Bewertungen – auch weil sie selbst bei der neuen Geldanlage mit ins Geschäft kommen wollen. „Natürlich wird das eine wichtige Aktien-Einführung, aber wir kommentieren das derzeit nicht“, sagt der Sprecher eines großen Bankhauses. Ein Bankenkonsortium soll die RAG-Aktien über die Börse verkaufen. Im Gespräch sind die Deutsche Bank und die WestLB. Die RAG wiegelt ab: „Wir befinden uns hier noch in der Planungsphase.“
Einen ersten lukrativen Auftrag rund um den RAG-Börsengang hat nun offenbar die Hamburger Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Susat und Partner bekommen. Die hanseatischen Wirtschaftsprüfer sollen im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums den Wert des Essener Zechenkonzerns ermitteln, berichtet die Rheinische Post. Susat konnte sich demnach im Bewerbungsverfahren gegen 14 andere Wirtschaftsprüfer und Bankinstitute durchsetzen. Die US-Investmentbank Goldman Sachs hätte zurückgezogen, weil sie sonst bei einer möglichen Verwertung des Konzerns ausgeschlossen wäre. Richtig Geld verdient wird wohl erst, falls die RAG im kommenden Jahr tatsächlich an die Börse gebracht wird.