Jérôme Fernandez, Handballer und Neu-Kieler : Der Coup
■ Rückraum, Linkshänder, Kapitän der französischen Nationalmannschaft und neu beim THW Kiel
Dass der THW Kiel sich einen Weltklasse-Handballer sichert, ist normal. Als THW-Manager Uli Jerad aber vor einer Woche die Verpflichtung von Jérôme Fernandez bekannt gab, schlug das in der Handball-Welt ein wie eine Bombe. Der Rückraumspieler ist nicht nur Kopf und Kapitän der französischen Nationalmannschaft, mit der er Olympiasieger und je zweimal Welt- und Europameister wurde. Es steht auch für die Stärke der spanischen Liga im vergangenen Jahrzehnt.
Mit Barcelona und Ciudad Real gewann er insgesamt viermal die spanische Meisterschaft und zweimal die Champions League. Er habe nie erwartet, dass ein Spieler dieses Formats auf den Markt komme, sagte THW-Coach Alfred Gislasson. „Es wäre fahrlässig gewesen, diese Möglichkeit nicht zu nutzen, zumal er keine Ablöse kostet. Jérôme ist spielerisch und menschlich eine Bereicherung für das Team.“
Nicht nur Alfred Gislasson hält Fernandez für eine der ganz großen Spielerpersönlichkeiten. Der Neu-Zebra löst Kiels Rückraumprobleme, die durch die langwierigen Verletzungen von Daniel Narcisse und Kim Andersson entstanden sind, auf elegante Weise. Ciudads Trainer Talant Duschebajew hatte Fernandez auch nur deshalb die Freigabe angeboten, nachdem dieser angekündigt hatte, nach der Saison 2011 in seine Heimat zurückkehren zu wollen.
Uli Jerad handelte am schnellsten, war sich bald mit Fernandez einig und musste dann doch noch zittern. In einem Interview zeigte sich der Abtrünnige nicht so umsichtig wie auf dem Feld und düpierte die stolzen Spanier mit der Behauptung, Ciudad wolle ihn aus finanziellen Gründen loswerden. Jerad musste viel Geschick aufbringen, um den Deal noch in trockene Tücher zu bringen. Mit diesem Überraschungscoup trat er wohl endgültig aus dem Schatten seines umstrittenen, aber erfolgreichen Vorgängers Uwe Schwenker. RALF LORENZEN