Vielleicht Gorleben, vielleicht aber auch nicht

Umweltminister Sigmar Gabriel will ergebnisoffen nach einem Atommüllendlager suchen. Es sei nicht erwiesen, dass Gorleben der bestgeeignete Standort ist. Union und Stromwirtschaft haben sich allerdings schon festgelegt

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) geht beim Thema Endlagerung auf Konfrontationskurs zur Stromwirtschaft – und auch zum Koalitionspartner CDU. Es sei noch offen, wo in Deutschland künftig der hochradioaktive Atommüll verbuddelt werden soll, sagte Gabriel der Welt am Sonntag.

Im Gegensatz dazu haben sich Union und Stromwirtschaft darauf festgelegt, dass der Salzstock Gorleben geeignet ist und zur Atommüllkippe ausgebaut werden soll. Sie fordern die zügige Wiederaufnahme der seit dem Jahr 2000 unterbrochenen Erkundungsarbeiten und den Beginn der Einlagerung.

Gabriel hält es dagegen für nicht erwiesen, dass Gorleben „der bestgeeignete Standort für ein Endlager ist oder ob es einen besseren gibt“. Das lasse sich nur durch einen Standortvergleich feststellen. Es müsse „eine ergebnisoffene, transparente Suche“ geben. „Wir müssen das Verfahren zur Endlagersuche in ein Gesetz bringen“, sagte der Umweltminister. Dann folge eine Suche anhand verbindlicher und wissenschaftlicher Kriterien, an deren Ende zwei bis drei mögliche Standorte in die engere Wahl kämen. Diese Kriterien müssten sich an den Standards der Internationalen Atomenergiebehörde orientieren.

Die Festlegung auf Gorleben vor 30 Jahren habe in erster Linie politische statt fachlicher Gründe gehabt, sagte Gabriel. Tatsächlich glaubte der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht, er würde in der wirtschaftlich schwachen Region auf geringen Widerstand stoßen. Schließlich waren mit der Atommüllkippe auch neue Arbeitsplätze verbunden.

Nachdem zwei oder drei Standorte untersucht worden sind, gibt es nach Gabriels Ansicht drei Möglichkeiten: „Entweder ist Gorleben besser als die anderen Standorte, dann muss der Atommüll dorthin. Oder Gorleben ist gleich gut geeignet. Auch das spräche für Gorleben, weil dort schon am meisten investiert wurde. Oder ein anderer Standort ist besser geeignet, dann muss es dieser werden.“ Die letzte Entscheidung soll der Bundestag treffen.

Das Gesetz für die vergleichende Endlagersuche will Gabriel noch in diesem Jahr vorlegen. Die Energiekonzerne als Verursacher haben bereits abgewunken – sie verweisen darauf, dass sie schon 1,3 Milliarden Euro in Gorleben investiert haben. Das Geld kommt indes aus steuerfreien Rückstellungs-Milliarden, die die Stromwirtschaft für die Entsorgung des Atommülls angehäuft hat. REIMAR PAUL