kurzkritik: deckenmalerei im marcks haus : Kühe auf dem Dach
Da pisst tatsächlich einer runter: So mancher mag erschrocken einen Schritt zur Seite gehen, wenn er sich die neue Pavillon-Ausstellung des Gerhard Marcks Hauses ansieht. „Das kann man als Anspielung auf die vorherige Bestimmung des Häuschens sehen“, sagt Fabian Bohnmann und lächelt etwas schadenfroh. Bis 1987 diente das Häuschen mit der verwinkelten Decke als Pissoir, hat man ihm erzählt.
Jetzt riecht es hier nur noch nach Farbe. Eine leere Bierflasche steht noch auf dem Balken, der sich zwischen die Giebel stemmt. In der Nacht ist der nahezu-Absolvent der Braunschweiger Kunsthochschule fertig geworden mit der Ausmalung. „Eine Hand voll alter Bekannter unter meinem Dach“, nennt er sein Werk. Zwei Wochen lang brannte Licht im Pavillon. Dort hat der nachtaktive Künstler gemalt und Rap gehört, „viel geguckt, bisschen überlegt“.
Da muht eine Kuh vom dem grasgrünen Dachgiebel aus. Ist es dieselbe, die gegenüber, an einem Hubschrauber befestigt, vor einem apokalyptischen Industriepanorama durch den gelben Himmel fliegt? „Der Betrachter soll sich mitten drin fühlen, Platz haben für Interpretationen“, sagt der Künstler mit seiner leisen entspannten Stimme. Seit gestern kann man das tun. Mitte Oktober kommt bereits seine Kollegin, auch aus Braunschweig. „Dann muss das alles hier wieder weg.“ Schon schade. Juri Morasch
Marcks Haus-Pavillon, bis 8. Oktober