: Schlechte Laune ist gemein
Er war Brisko Schneider in der „Wochenshow“, ist für RTL um die Welt gereist und mit seiner Sat.1-Serie jetzt ganz bei sich selbst angekommen. Dabei passt Bastian Pastewka gar nicht so recht ins deutsche Fernsehen – dafür schaut er viel zu gerne selbst zu
VON PEER SCHADER
Wenn man sich mit Bastian Pastewka trifft, ist das erst mal eine Riesenenttäuschung. Keines der Vorurteile, das man sich vorher angelesen hat, stimmt. Erstens: Bastian Pastewka trägt nur Hemden. So ein Quatsch. Pastewka trägt Kapuzenpulli. Ist ja auch kein Wunder nach so einem verregneten Drehtag. Zweitens: Pastewka bestellt immer Spaghetti Carbonara. Macht er aber gar nicht, jedenfalls nicht heute, was auch daran liegen könnte, dass er eben für eine Szene, die unzählige Male wiederholt werden musste, ein Dutzend Amaretto-Eisbecher weggelöffelt hat. Und drittens: Pastewka erzählt andauernd, er sei früher in der Schule ein Turnbeutelvergesser gewesen. Blödsinn. Man darf bloß nicht danach fragen.
Pastewka spielt Pastewka
Wahrscheinlich könnte man sich mit dem 34-Jährigen ewig über die Belanglosigkeiten des Lebens unterhalten. Übers Essen, von dem Pastewka sagt, er sei daran „grundsätzlich nicht interessiert“, deshalb bestelle er im Restaurant immer dasselbe und schlinge zu Hause vor dem Fernseher alles schnell herunter. Und über Pullis mit Kapuzen, die für ihn lange Zeit „behinderndes Gebimsel im Nackenbereich“ waren, bis er neulich nach einem anstrengenden Tag mit festgezurrtem Gebimsel überm Kopf ganz friedlich in Embryonalstellung eingenickt ist und wundervoll geschlafen hat. Nachher hatte er einen ritzeroten Kapuzenrandabdruck im Gesicht. Wenn das der Preis für einen erholsame Tiefschlaf ist – bitte schön!
Fast vergisst man, dass Pastewka auch prima übers Fernsehen reden kann. Nicht nur, weil er gerne welches schaut, sondern vor allem, weil er dafür arbeitet. Am Freitag läuft bei Sat.1 die zweite Staffel der Serie an, die schlicht und einfach seinen Namen trägt. Nicht „Die Bastian-Pastewka-Show“ oder „Pastewka – die Serie“, sondern bloß: „Pastewka“. Der unsichtbare Untertitel: Ein Mann spielt sich selbst. Etwas vertrottelter vielleicht als im richtigen Leben und nicht ganz so nachdenklich. Aber vieles von dem, was den echten Pastewka ausmacht, lässt sich nachher auch bei seinem Serienpendant wieder erkennen. Sagen seine Freunde.
Auch in der Serie geht es meist um Belanglosigkeiten, aber keine angenehmen, sondern solche, die einen in den Wahnsinn treiben können: diffizile Kinokartenreservierungen, Personalausweisverlängerungsanträge, störrische Postbeamte und Taxifahrer, die orientierungslos durch Köln irren. Wahrscheinlich läuft Pastewka den ganzen Tag mit dem Notizblock durch die Stadt, um das alles aufzuschreiben. Nein, sagt er, das speichert sich automatisch. Die Grundstruktur der „Pastewka“-Folgen, die später von den Autoren Sascha Albrecht und Chris Geletneky ausgearbeitet wird, schreibt er mit Geletneky auf Teneriffa. „Wir haben zwei Laptops gegenüber stehen und hacken da alles rein, was uns einfällt. Den ganzen Tag!“, erklärt Pastewka. „Na gut: Abends gehen wir auch mal was essen.“
Eigentlich ist es erstaunlich, dass es überhaupt eine Fortsetzung gibt, weil man vermutet hätte, dass es bei Sat.1-Zuschauern, die über Dackelwitze bei „Hausmeister Krause“ lachen, nicht so gut ankommt, wenn sie die Gags mal nicht auf dem Tablett serviert bekommen. Dass „Pastewka“ am Sat.1-„Fun-Freitag“ lief, der ähnlich schlimm ist wie der Name suggeriert, hat der Serie aber aus unerfindlichen Gründen nicht geschadet. Die Quote war prima. Und irgendwer motzt ja immer. Nach seinem Auftritt in der ersten Ausgabe von „Anke Late Night“ haben die Kritiker geschrieben: Pastewka macht Faxen. Dabei war er doch der einzige Grund, warum man nicht gleich abgeschaltet hat. Egal. Pastewka weiß: „Es gibt immer ein paar Leute, die sagen: Früher war er lustiger.“
Früher flötete Pastewka als Lilo-Wanders-Alternative Brisko Schneider in der Sat.1-„Wochenshow“ regelmäßig „Hallo, liebe Liebenden“ in die Kamera und spielte den Blumenverkäufer: „Wolle Rose kaufe?“ Das sei eine wichtige Zeit gewesen, sagt er. Genau genommen war es die Zeit, die ihn im Fernsehen bekannt gemacht hat, weil er vorher ja mit seiner Stand-up-Truppe „Comedy Crocodiles“ durchs Land gereist ist und kritische Kleingruppen bespielt hat. Das war kein Spaß, sondern harte Arbeit. Einmal, erinnert sich Pastewka, sind sie in Saarbrücken vor zehn Leuten aufgetreten, zwei davon hatten sich in der Veranstaltung geirrt und einer sagte vor der Pause zu seiner Frau: Renate, wir gehen. Das hat ihm dann schon wieder gefallen: „Von einem Publikum, das bezahlt hat, kriegt man sehr schnell Feedback. Wenn es die Leute nicht mögen, sagen die einfach: Renate, wir gehen.“
Nach der „Wochenshow“ und dem Flop „Briskos Jahrhundert-Show“ ist Pastewka zu RTL gewechselt und hat dort Reisereportagen und die Sketchshow „Ohne Worte“ gedreht, bis er mit „Pastewka“ wieder zurück zu Sat.1 kam, weil sie das bei RTL nicht wollten. So viele Plätze gibt es für einen wie ihn ja nicht im deutschen Fernsehen. Pastewka beim ZDF? Bei MTV? Nee, das würde wohl nicht passen. „Ich habe eine eigene Idee von dem, was ich will“, sagt er. Und: „Diese Serie ist die Essenz dessen, was ich selber im Fernsehen gerne anschaue.“ Pastewka hat offenbar erreicht, was er wollte. Ab jetzt kann es eigentlich nur noch bergab gehen, oder?
Vielleicht gewinnt er aber auch erst einmal den Deutschen Comedypreis, für den er dieses Jahr in den Kategorien „Beste Comedyserie“ und „Bester Schauspieler“ nominiert ist. Für jemanden, der sich selbst lieber nicht als Witzemacher und eher als Schauspieler mit Talent fürs Lustige verstanden sehen möchte, klingt schon die Nominierung nach einer kleinen Ehre. „Ich bin unglaublich desinteressiert an Kunst, Literatur, Musik und habe keine Ahnung von Theater“, spaßt Pastewka, der im nächsten Monat im Berliner Theater am Ku’damm wieder auf der Bühne steht. „Aber ich habe Spaß am Aufarbeiten von Komischem.“
Dabei gehört der freundliche Herr Pastewka zu den wenigen, die nie schlecht über einen Sender reden, auch nicht im Nachhinein. Er kann sich über seinen Arbeitgeber lustig machen, wie neulich, als er vor geladenen Werbekunden bei der Programmpräsentation „Big Picture“ die heilige Sat.1-Serie „Verliebt in Berlin“ parodierte. Aber er meckert nicht, auch nicht am Set, obwohl er es hasst, wenn eine Szene länger dauert als geplant. Tatsächlich hat er ein paar Stunden vor dem Gespräch beim Dreh in einem Kölner Café mit bemerkenswerter Gelassenheit immer wieder sein Eis gelöffelt, dabei eine imaginäre Wespe verscheucht und so hektisch herumgefuchtelt, dass die Nachbarin am Tisch eine ordentliche Portion abbekommen musste. Sieben, achtmal hintereinander, ohne zu murren. Pastewka ist Profi. Und er sagt den schönen Satz: „Schlechte Laune ist gemein.“
Lieber daheim in der Panelshow
Es ist ja nicht so, dass der Mann es immer allen Recht machen will. Aber irgendwie scheint das ein Nebeneffekt seiner Art zu sein, mit Menschen umzugehen, ohne dass man das negativ auffassen darf. Pastewka ist keiner, der den anderen nach dem Mund redet, und keiner, der zur unvermeidbaren Privatfernsehentruppe gehört, die immer irgendwo auftaucht, sobald man einschaltet. Fürs Pro-Sieben-„Ochsenrennen“ am Wochenende oder Stefan Raabs nächste „Wok-WM“ wird er gar nicht erst angefragt. Er würde sowieso ablehnen. „Nicht, weil ich so desinteressiert bin, sondern weil ich weiß: Ich wäre da nicht von Nutzen.“
Manchmal ist Pastewka bei „Genial daneben“ zu Gast und spielt neben seinem ehemaligen Comedypartner Bernhard Hoëcker den Querulanten. Aber er müsse deswegen ja nicht automatisch in zig anderen Panelshows rumsitzen, sagt er. Lieber schaut er sich zu Hause mal „Harald Schmidt“ oder „Emergency Room“ an. „Ich liebe das Fernsehen. Wenn ich nach Hause komme und mein Festplattenrekorder anzeigt: ‚Sie haben 58 neue Sendungen aufgezeichnet‘, geht es mir gut.“
Pastewka hat seine eigene Art, mit TV-Trash umzugehen, von dem man als Zuschauer nicht so genau weiß, warum es ihn überhaupt gibt: Er erfindet selber welchen. In der neuen „Pastewka“-Staffel ist er gemeinsam mit Martin Schneider und Oliver Kalkofe regelmäßiger Gast der fiktiven Panelshow „Wie wird’s witzig?“, moderiert von Hugo Egon Balder. Und Kumpel Michael Kessler kriegt in einer anderen Folge eine eigene Show mit dem Titel „Kessler trimmt Promis“, in der er Pastewka zum Sportler trainieren soll. Klingt so, als könnte Pro Sieben das morgen tatsächlich ins Programm nehmen. Also: erschreckend echt.
Heute Abend sitzt er ausnahmsweise mal bei Jörg Pilawa im „Star-Quiz“, aber das gehört zur Promotion-Tour für die Serie und außerdem darf er gemeinsam mit Blacky Fuchsberger raten, mit dem er gerade die Fortsetzung der Edgar-Wallace-Parodie „Der Wixxer“ abgedreht hat. Um sich das entgehen zu lassen, ist Pastewka dann wieder viel zu sehr Fernseh-Fan. Einer, der wie durch Zufall auch fürs Fernsehen arbeitet und es dabei irgendwie trotzdem geschafft hat, gleichzeitig Zuschauer zu bleiben. Wahrscheinlich kann man dann ganz gut abschätzen, was man sich in so einem Beruf antun muss – und vor allem, was nicht.