Vorreiterrolle abgegeben

MITENTSCHEIDEN Hamburg ist bei direkter Demokratie laut Volksbegehrensbericht nicht mehr vorn dabei

„Als verbindlich anerkannte Volksentscheide können nun wieder missachtet werden“

Verein „Mehr Demokratie“

Hamburg hat seine Vorreiterrolle in Sachen direkter Demokratie eingebüßt, kritisierte der Verein „Mehr Demokratie“ am Mittwoch. Im Länder-Ranking des Volksbegehrensberichts, den der Verein einmal im Jahr vorstellt, habe Hamburg stets einen der führenden Plätze eingenommen. Auch wenn es in dem am Mittwoch vorgestellten aktuellen Bericht nicht mehr habe Eingang finden können: Hamburgs Position habe sich „drastisch verändert“.

Der Verein begründet diese Einschätzung mit dem „Referendums-Urteil“ des Hamburgischen Verfassungsgerichts Ende Februar. Das Gericht hatte entschieden, dass ein Referendum gegen die Wiedereinführung der Drei-Prozent-Hürde bei Bezirksversammlungswahlen unzulässig sei, weil der Senat die Hürde nicht als einfaches Gesetz beschlossen habe. Stattdessen habe er es mit einer Zweidrittelmehrheit von SPD, CDU und Grünen in die Verfassung geschrieben.

Aus Sicht von Mehr Demokratie bedeutet dieses Urteil einen Rückschlag. „Waren Volksentscheide gerade als verbindlich anerkannt, können sie nun wieder missachtet werden, wenn die Bürgerschaftsmehrheit das Gegenteil in die Verfassung schreibt“, kritisierte der Verein.

Zugleich kündigte er an, er werde die Entscheidung nicht widerspruchslos hinnehmen – zumal es schon großen Unmut darüber gebe, dass der Senat mögliche Bürgerentscheide auf Bezirksebene dadurch aushebele, dass er das Verfahren an sich ziehe. Mehr Demokratie kündigte für Anfang Mai ein Bürgerforum zum Thema „Gestaltungsmacht oder Mitmachfalle“ an, auf dem Strategien zur Gegenwehr entwickelt werden sollen.  KNÖ