hamburger szene : Nacht der Theater
Die geheime Tür neben dem Bücherregal öffnet sich langsam. Eine grüne, sehnige Hand greift lautlos nach dem Mann im Anzug. Sie gehört zu einer schwarz verhüllten Kreatur, die sich von hinten anschleicht. Sie packt ihr Opfer. Kein Schrei.
„Und wenn Sie wissen wollen, wie der Krimi weitergeht, besuchen Sie uns bitte in der kommenden Saison.“ Irritiert schauen sich die Besucher der „Hamburger Theaternacht“ an. Dann stehen die ersten auf und gehen. Ich bleibe fassungslos in meinem roten Sessel sitzen. 25 Minuten Edgar Wallace und das war’s?
Ich rekapituliere die letzten drei Stunden: die Fahrt zum Schiff im Shuttlebus, bei der der Fahrer einen anderen Fahrplan hatte als ich. Kein Wunder, dass ich die erste Bühne nicht rechtzeitig fand. Statt Theater an Bord gab es wieder Theater im Bus, der überfüllt und zu spät nach St. Pauli fuhr. Dort rannte die ganze Ladung hektisch über die Reeperbahn, um noch ins Imperial-Theater zu kommen. Auch hier: zu spät. Nächster Einlass in einer Stunde. Nichts wie weiter zur Open-Air-Bühne auf dem Spielbudenplatz. Überraschung: Statt der angekündigten Kultur kam Fußball. Also zurück zur Schlange vor dem Imperial, um endlich, nach drei Stunden Warten, Rennen und Suchen...
Fünfundzwanzig Minuten Edgar Wallace. Der letzte Besucher aus meiner Reihe schiebt sich an mir vorbei. Dann muss auch ich weiterziehen. Bei zwei Stunden Weg pro Stück schaffe ich bis Mitternacht noch eins.
Silke Bigalke