: Frust schieben mit Backstreet Boys
KOMMUNALWAHL Rot-Grün verliert Mehrheit in München. CSU bayernweit mit leichtem Minus
MÜNCHEN taz | Für die Münchner SPD endete die Kommunalwahl mit den Backstreet Boys. Es war nach 22 Uhr, auf der Wahlparty der Sozialdemokraten starrten nur noch ein paar Unerschütterliche auf die Bildschirme mit dem Ergebnis. Die rot-grüne Mehrheit im Stadtrat war wohl verloren, das Büro des Oberbürgermeisters könnte die Partei dagegen behalten – wenn bei der Stichwahl in zwei Wochen alles gut läuft. Als Rausschmeißer-Song legte der DJ nun also die Backstreet Boys auf. Ein Gruß aus den neunziger Jahren, als Kommunalwahlen in Bayern noch eindeutig endeten, mit SPD-Triumphzügen in München und CSU-Dominanz in der Provinz. Nicht so unentschieden wie in diesem Jahr: Nicht nur am Wahlabend, sondern auch am Tag danach bleibt unklar, wer eigentlich Gewinner ist und wer Verlierer.
Die CSU hatte sich viel vorgenommen. Bei der letzten Kommunalwahl vor sechs Jahren hatte sie landesweit ihr schlechtestes Ergebnis seit Jahrzehnten eingefahren. Diesmal waren die Christsozialen heiß auf die Revanche. Mit den starken Ergebnissen bei den Landtags- und Bundestagswahlen im Rücken wollten sie flächendeckend die Rathäuser zurückerobern. Gelungen ist das offenbar nur zum Teil. Parteichef Horst Seehofer sagte am Montag zwar, er sei mit dem Wahlausgang „äußerst zufrieden“. Ein bayernweiter Trend zugunsten der CSU ist allerdings nicht auszumachen.
Bei der Wahl zu Stadträten und Kreistagen könnte sie sogar noch mal verloren haben. Am Montagnachmittag verzeichnete das Statistische Landesamt für die CSU nur 39,2 Prozent der Stimmen, knapp ein Prozentpunkt weniger als 2008. Allerdings haben noch längst nicht alle Kreise ihr Ergebnis gemeldet. Das bayerische Kommunalwahlrecht ist kompliziert, die Wahlzettel sind bis zu einem Quadratmeter groß und die Auszählung dauert vielerorts noch an.
In manchen Städten konnte die CSU zulegen, etwa in Augsburg: Zum ersten Mal seit 24 Jahren kommt es dort nicht zur Stichwahl um den Oberbürgermeisterposten, weil Amtsinhaber Kurt Gribl auf Anhieb über 50 Prozent der Stimmen holte. Insgesamt gewannen die Christsozialen 40 von 76 Landrats- und OB-Wahlen. In 22 Landkreisen stehen noch Stichwahlen an. Ein Debakel erlebte die CSU dagegen in Franken. In Fürth stimmten fasst drei Viertel der Wähler für Thomas Jung, OB-Kandidat der SPD. Sein Rivale von der CSU kam gerade mal auf 17,3 Prozent. Ähnlich klar das Ergebnis in Nürnberg: SPD-Bürgermeister Ulrich Maly holte 67,3 Prozent.
In seiner Partei wird Maly schon als Spitzenkandidat für die Landtagswahl in vier Jahren gehandelt. Spontan musste er am Montag zu einer Pressekonferenz in der Münchner Landeszentrale antreten. Als Gewinner können sich die Sozialdemokraten trotzdem nicht feiern lassen. Das liegt vor allem am Ergebnis in München. Nach über zwei Jahrzehnten im Amt war der bisherige Oberbürgermeister Christian Ude aus Altersgründen nicht mehr angetreten. Ohne ihr Zugpferd mussten die Sozialdemokraten jetzt starke Verluste hinnehmen. OB-Kandidat Dieter Reiter, im Wahlkampf blass geblieben, kam nur auf 40,4 Prozent. In der Stichwahl wird er vermutlich das Rennen machen, da die Kandidatin der Grünen dann nicht mehr auf dem Wahlzettel steht. TOBIAS SCHULZE