: UTOPIE: REALITY-TV WIRD LIEB
Was wird bloß aus dem Privatfernsehen, jenem gemütlich knisternden Lagerfeuer der Grausamkeiten, das uns jahrelang verlässlich mit Unterhaltsamkeiten in den Geschmacksrichtungen Menschenverachtung, Zynismus und Misogynie verwöhnt hat? Der holländische TV-Zar John de Mol jedenfalls, der die Welt vor 14 Jahren mit dem Überwachungsshit „Big Brother“ beglückte, scheint die Zukunft des Mediums im Kommunardentum zu sehen. In seinem neuen Format „Utopia“ wird zwar immer noch überwacht – und zwar von mehr als 100 Kameras, aber das regt heute nun wirklich niemanden mehr auf. Und statt dass sich die 15 Kandidaten in irgendeinem Dschungel zum Gemüse demütigen lassen oder sich wenigstens bis aufs Blut bezicken, sollen sie seit Januar in einer Lagerhalle bei Hilversum eine „ideale Gesellschaft“ aufbauen, gemeinschaftlichen Toilettenbau inklusive. „Sie zimmern Möbel, malen bunte Bilder und backen Pfannkuchen“, umriss dpa gestern die befremdlich hippieske Idylle. Mit Platon nach Bullerbü statt mit dem Wendler ins Dschungelcamp? Da sei Arte vor.