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Archiv-Artikel

Helfen, Land zu gewinnen

Die UNO erklärte 2006 zum Jahr der Wüsten und Desertifikation. Ein Drittel der Weltbevölkerung ist von der Landverödung betroffen. Nachhaltiges Wirtschaften kann den Prozess stoppen

VON SABINE LUDWIG

Das nutzbare Land in Mali, der westafrikanischen Sahelzone, reicht schon längst nicht mehr aus, um Mensch und Tier satt zu machen. Zumindest nicht bei gleich bleibenden Nutzungsformen seiner Bewohner. Sie schüren den Konflikt, aus dem die Natur zuerst als Verlierer hervorgeht und der sich Tag um Tag weiter verschärft. „Für den Kampf gegen das Vordringen der Wüste braucht man Verbündete“, betont Beate Böttcher, Entwicklungshelferin des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) vor Ort. „Doch überall stößt man an Grenzen.“ Damit meint sie Armut, einen geringen Bildungsstand, Analphabetismus und den „Glauben an die Gottgegebenheit der Verhältnisse“.

Trockengebiete machen gut 40 Prozent der Landfläche der Erde aus. Sie bilden den Lebensraum und die Existenzgrundlage für ein Drittel der Weltbevölkerung. Besonders betroffen sind derzeit 36 Millionen Quadratkilometer, eine Fläche dreieinhalb Mal so groß wie Europa. Es sind besonders die Menschen in Entwicklungsländern, die unter der Zerstörung von Land und Naturressourcen leiden: In Asien leben 39 Prozent der Gesamtbevölkerung in Gebieten, die von Desertifikation bedroht sind, in Südamerika 30 Prozent. In Afrika sind 46 Prozent der Landfläche mit 40 Prozent der Bevölkerung betroffen, was dort Auswirkungen auf 485 Millionen Menschen hat. Die Vereinten Nationen haben die Problematik in diesem Jahr zur Chefsache erklärt.

Desertifikation bezeichnet die Beeinträchtigung oder Zerstörung von natürlichen Ressourcen in Trockengebieten als Folge unangepasster Nutzungsarten durch den Menschen und Klimaschwankungen. Landnutzungspraktiken, die zur Wüstenbildung beitragen, sind insbesondere Ackerbau auf ungeeigneten Böden, Überweidung, Entwaldung sowie nicht nachhaltige Bewässerungspraktiken. Die Folgen: Böden erodieren, versalzen oder verarmen. Die Vegetation geht zurück oder verschwindet vollständig. Wasser wird zum Mangelgut, das Land verödet.

Desertifikationsbekämpfung bildet seit Mitte der Achtzigerjahre einen wesentlichen Bestandteil der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Derzeit werden weltweit noch 520 Projekte durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und durch Nichtregierungsorganisationen gefördert.

Das Engagement des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) zielt insbesondere darauf ab, der betroffenen Bevölkerung Anreize zu geben und Fähigkeiten zu vermitteln, um natürliche Ressourcen ertragreich bewirtschaften zu können. DED-Fachkräfte beraten lokale Institutionen und Organisationen und suchen gemeinsam nach innovativen Lösungen. Denn nicht zuletzt bedeutet eine erfolgreiche Desertifikationsbekämpfung an vielen Orten die Sicherung ganzer Wirtschaftsräume.

„Desertifikationsbekämpfung bedeutet aber auch den Austausch mit Nachbarn und die Weiterleitung der Problematik an höhere Instanzen, um sie auch im größeren Kreis zu verdeutlichen“, erklärt Sylvia von dem Busche, DED-Entwickungshelferin in der Dominikanischen Republik. Damit bezieht sie sich auf lokale Wirtschaftsförderung, denn „wenn ich andere Einnahmequellen habe, muss ich kein Brennholz verkaufen, um zu überleben“. Gemeint ist die illegale Abholzung zur Herstellung und zum Verkauf von Holzkohle.

André Fabian arbeitet als Entwicklungshelfer in Zentralasien: Das derzeit größte Problem für die lokale Bevölkerung im Hochgebirge Pamir sei der Mangel an Brennholz zum Kochen und Heizen in den extrem, bis zu minus 40 Grad kalten Wintermonaten. Deshalb werden die letzten Reste der Auwälder am Fuß der Täler abgeholzt. Mit Unterstützung der DED-Fachkräfte wurde hier die Regenerierung von Auwald durch den staatlichen Forstbetrieb und lokale Waldpächter begonnen. Wichtig ist dabei, dass die Verantwortung für den Waldschutz langfristig in lokale Hände übergeht. Dieser Transformationsprozess ist von zahlreichen Konflikten begleitet. „Der ‚Rat für gemeinsames Waldmanagement‘ wurde als Schlichterorgan eingerichtet“, sagt Fabian. „Es besteht die Hoffnung, dass dieser Ansatz für den gesamten Pamir und Tadschikistan Modellcharakter haben wird.“

Um in den ländlichen Regionen Simbabwes Einkommensmöglichkeiten zu schaffen und gleichzeitig die Ökosysteme zu erhalten, werden naturschonende Sammelmethoden vorgestellt. Ein Beispiel ist die Nutzung und Kommerzialisierung von Heilpflanzen auf lokaler Ebene. Hinsichtlich der Kultivierung wird mit den Sammlern und Heilern, Dorfinstitutionen und der Dorfbehörde zusammengearbeitet. „Die gewinnorientierte Nutzung soll den Anwohnern eine Alternative zur Abholzung bieten“, erklärt Alexander Fröde, der als Landschaftsökologe für den DED in Simbabwe tätig ist.

Der Weg zur nachhaltigen Ressourcennutzung ist sicher noch weit. Ein Umdenken lässt sich nicht in zwei oder drei Jahren erreichen. Wichtig ist auch, dass die lokalen wirtschaftlichen und politischen Interessen zusammenpassen.

Die Autorin ist Redakteurin beim DED.Der DED-Brief 3/2006 zum Thema „Desertifikation und Ressourcenmanagement“ kann ab Ende September kostenlos bestellt werden unter Tel. (02 28) 24 34-1 32 oder karin.mueller@ded.de