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Archiv-Artikel

Deichgrafen begehren auf

Fünf Millionen Euro will Hamburg dem Umland für Folgen der geplanten Elbvertiefung spendieren. Viel zu wenig, sagen die Deichverbände. Und drohen mit Klagen gegen die Planfeststellung

Von Kai Schöneberg

Für die lieben Nachbarn gibt man gerne mal einen aus. Wegen des „guten und konstruktiven“ Verhältnisses zur „gesamten Elberegion“ will Hamburgs Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) sogar gleich fünf Millionen Euro in einen Fonds spendieren, der die Folgen der Elbvertiefung in Schleswig-Holstein und Niedersachsen auffangen soll. In der vergangenen Woche reichte er den Antrag auf Planfeststellung für das Ausbuddeln um einen weiteren auf 14,50 Meter ein, insgesamt soll das Projekt 330 Millionen Euro kosten und 2009 fertig sein.

Nur: Den Nachbarn ist Uldalls milde Gabe, die vor allem das Ausbaggern der von Verschlickung bedrohten Elbhäfen finanzieren soll, viel zu gering. „Von fünf Millionen können wir gar nichts machen“, sagt Arend Fischer vom Deichverband 1. Meile Altes Land. Allein auf niedersächsischer Seite sind acht der Interessenvertretungen der Grundstücksbesitzer am Deich betroffen. Sie werden bei der Anhörung zur Planfeststellung im kommenden Jahr gehört werden – und Hamburg zur Kasse bitten.

Die Ängste der Elb-Anrainer vor der Vertiefung sind groß. „In Sachen Deichsicherheit geht kein Blatt zwischen uns“, sagt der Stader Landrat Gunter Armonat (parteilos). Rückendeckung kommt aus dem niedersächsischen Umweltministerium: „Die Deichsicherheit darf durch die Vertiefung nicht beeinträchtigt werden“, sagt eine Sprecherin. „Deichgraf“ Fischer betont: „Wir wollen nicht feilschen, aber 15 bis 20 Millionen sind nötig.“ Wenn Hamburg sich nicht beuge, würden die Anrainer die Vertiefung mit Klagen torpedieren.

Bereits die 1999er Vertiefung auf 13,50 Meter hat viele Deiche geschädigt. Der Wellenschlag der Schiffe beansprucht die Deckwerke. Jährlich brettern hier derzeit rund 3.500 dicke Pötte durch den Fluss. „Wir haben große Abspülungen“, berichtet Fischer, „am Deckwerk fliegen die Steine weg“. In Bassenfleth am ehemaligen AKW Stade sei der Deichfuß bereits geschädigt.

Unklar sei bislang auch, ob die Deiche bei einer Sturmflut halten, wenn noch mehr Wasser gegen sie drückt. Fischer will, dass der für die Elbe zuständige Bund künftig für den Unterhalt der Deckwerke aufkommt, nicht mehr die Länder: „Das ist wie bei einer Autobahn: Da zahlt der Bund auch die Standstreifen und Entwässerungsgräben.“

Sorgen bereitet auch Landrat Armonat, dass durch die Vertiefung salzhaltiges Brackwasser noch weiter in Richtung Hamburg schwappen könnte, nicht gut für die Bewässerung der Obstplantagen im Alten Land. Armonat: „Das ist ein weiterer Kostenfaktor.“ Die Idee eines Fonds hält der Landrat, der sich bald um das Amt eines „Deichgrafen“ beim Verband Kehdingen-Oste bewerben will, für gut, „Emotionen“ brächten aber nichts. „Man muss den Hamburgern einfach sagen“, findet Armonat, „dass ihre Berechung Fehler hat“.