Ein paar pathetische Perlen hier und da berückende Popmelodien: Roman Fischer zieht jetzt alle Register, Gary geben sich weiter schludrig

Die Welt ist ungerecht, sie verteilt ihre Gaben nicht an alle gleich. Der eine hat Glamour und will ihn doch nur wieder loswerden. Der andere versucht dagegen verzweifelt, sich überhaupt erst mal welchen zuzulegen.

Letzteres gilt wohl für Roman Fischer. Der ist in Bayern aufgewachsen, spielte dann seine ersten Songs im eigenbrötlerischen Alleingang ein und veröffentlichte schon mit 21 Jahren sein zweites Album „Personare“, das vom Musikexpress zur Platte des Monats ernannt wurde. Das war vor vier Jahren, Fischer ist mittlerweile nach Berlin gezogen und vollzieht nun einen Bruch. Das merkt man schon daran, dass das neue Album schlicht nur „Roman Fischer“ heißt, vor allem aber, weil die Melancholie, die noch „Personare“ dominierte, weitgehend zu den Akten gelegt wurde. Stattdessen zieht Fischer alle Register, die im internationalen Popgeschäft zur Verfügung stehen: Gleich im ersten Track „Into Your Head“ tuckern die Sequenzer so einfallsreich wie bei Kylie Minogue und tatsächlich singt Fischer auch ein bisschen so. Beim auf einem einsamen Piano gebauten „Out Of Control“ darf Fischer seine Balladentauglichkeit demonstrieren und hemmungslos losschnulzen, während das gleich anschließende „All Night Long“ von einem plumpen Beat angetrieben wird, der noch den letzten Körperklaus auf die Tanzfläche befehligt.

Zwischen dieser Hochleistungsschau des internationalen Popgewerbes finden sich zwar auch immer mal wieder diese Songs, für die Fischer bekannt geworden ist, jene pathetischen Perlen, die trotz aller Großmannssucht mit einem jungenhaften Charme glänzen. „Not For Everyone“ ist so ein Lied. Den Songtitel hätte sich Fischer mal zu Herzen nehmen sollen, denn der Rest des Albums schielt hemmungslos auf den Mainstream. Das klingt alles professionell und nach besten Chancen auf einen Chartserfolg, ist aber halt auch herzlich austauschbar.

Den Starappeal, den Roman Fischer gern hätte, mit dem ist Robert Stadlober nie klargekommen. Dem Glamour begegnete der Schauspieler mit Panikattacken und ruppigem Verhalten in der Öffentlichkeit, das ihn erst recht zum Lieblingsrebellen des Boulevard beförderte. Passend zu diesem Image spielt Gary, die Band, die Stadlober vor zehn Jahren in Hamburg gründete, nicht etwa einen flotten Mainstream-Rock, wie er singenden Schauspielern sonst zugestanden wird, sondern einen Indie-Pop, der mindestens so sperrig sein möchte wie der Titel des zweiten Gary-Albums: „One Last Hurrah For The Lost Beards Of Pompeji“.

So besticht das Trio mit Astrid Noventa, Rasmus Engler und dem nun in Berlin lebenden Stadlober durch eine demonstrative Schludrigkeit. Die Gitarren auf den von Stadlober geschriebenen und gesungenen Songs schrammeln, als wäre es 1986 und Morissey hätte noch Blumen im Arsch. Hinter diesem Schutzschild aber verbergen sich ein paar berückende Popmelodien, allen voran der Song mit nur ein wenig ungelenkem Titel: „If God Invented The Imbus Pomimbus, Then Where Does He Live Now?“ THOMAS WINKLER

■ Roman Fischer: „Roman Fischer“ (Vertigo Berlin/Universal) Live heute um 22 Uhr im Rosi’s

■ Gary: „One Last Hurrah For The Lost Beards Of Pompeji“ (Siluh) Live heute mit Klez.e im Nbi