: „Anklage politisch motiviert“
PROZESS Die Euromayday-Aktivistin Petra Barz steht vor Gericht – der Vorwurf: Aufruf zu Straftaten
■ 43, arbeitet in der Erwachsenenbildung und ist seit 2006 eine der MitorganisatorInnen des Hamburger Euromayday.
taz: Frau Barz, Sie sollen beim „Euromayday“ am 1. Mai vergangenen Jahres öffentlich zu Straftaten aufgerufen haben. Worum genau geht es?
Petra Barz: Während des Protestzugs in Wilhelmsburg haben sich einige Teilnehmer, ohne Eintritt zu zahlen, Zutritt zum Gelände der Internationalen Gartenschau (IGS) verschafft. Mir und zwei anderen Frauen des Moderationsteams wird vorgeworfen, wir hätten sie dazu aufgerufen. Eine Moderation hat aber genau die Aufgabe, Hintergründe zu moderieren und zu kommentieren. Das macht uns nicht dafür verantwortlich, dass einige Teilnehmer in das IGS-Gelände eingedrungen sind. Ich sehe die Anklage als Angriff gegen das Versammlungsrecht. Leider werden immer mehr engagierte Menschen mit solchen Argumenten angeklagt.
Wie verteidigen Sie sich?
Die Richterin hat einen Strafbefehl von 1.200 Euro gegen uns erlassen. Wir haben Widerspruch gegen die verhängten Strafbefehle eingelegt, weil wir die Vorwürfe für politisch motiviert und die Beweislage dünn fanden.
Die Euromayday-Bewegung ist jedes Jahr eine bunte Veranstaltung.
Wir wollten etwas anderes machen als die übliche Versammlung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Wir finden, dass die prekäre Arbeitssituation vieler Angestellten von den Gewerkschaften nicht angemessen vertreten wird, da sie sich eher auf die klassischen, regulierten Arbeiterverhältnisse konzentrieren. Wir hingegen wollen allen Menschen eine Plattform bieten, ihre Anliegen zu äußern. Deswegen sind auch Wohnungsnot und Gentrifizierung zentrale Themen des Euromayday: Gerade Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen sind davon besonders betroffen.
Dieses Jahr wird es keine Euromayday-Kundgebung geben. Hängt das mit Ihrem Gerichtsverfahren zusammen?
Nein. Dieses Jahr waren einfach zu wenig Leute bereit, die Veranstaltung am 1. Mai aktiv zu organisieren. Das liegt vermutlich daran, dass im Moment sonst sehr viel läuft in Hamburg. Die Anliegen des Euromayday sind nach wie vor aktuell. Es ist gut möglich, dass spontan eine Veranstaltung auf die Beine gestellt wird – einfach nicht unter dem Namen Euromayday.INTERVIEW: MERET MICHEL
Protestzug zur Gerichtsverhandlung. Treffpunkt: 10 Uhr, S-Bahn-Station Harburg-Rathaus