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Archiv-Artikel

„Ein besserer Selbstbedienungsladen“

DEUTSCHER FERNSEHPREIS Weil TV-Kreative nicht mehr gewürdigt werden und die Sender lieber Fußballer auszeichnen, droht ein Eklat (So., ARD, 21.45 Uhr)

Von STG
Hans Hafner

■ ist freier Filmmusikkomponist und Mitglied des Composers Club. Er schrieb u. a. die Filmmusik für die ZDF-Serie „Ein Fall für Zwei“.

taz: Herr Hafner, warum gehen Sie heute mit einer weißen Maske zur Verleihung des Deutschen Fernsehpreises?

Hans Hafner: Ich will die Anonymität unterstreichen, in die wir von den Preisveranstaltern, den großen TV-Sendern gedrückt werden. Denn die kreativen Preis-Kategorien sind de facto mit Ausnahme der für Schauspieler abgeschafft. Das bizarrste Aus ist das Ende des Drehbuch-Preises: Ohne Drehbuch passiert doch nichts. Es ist für mich unbegreiflich, wie wenig das wertgeschätzt wird – auch und gerade von den Öffentlich-Rechtlichen.

Die sagen: Es gibt die Preise für das Gesamtkunstwerk und das dahinter stehende Team. Zwei Serien, für die Sie die Musik geschrieben haben – „Danni Lowinski“ und „Allein gegen die Zeit“ –, sind nominiert. Das freut Sie gar nicht?

Doch, aber darum geht es nicht. Denn gerade uns Komponisten wird doppelt geschadet: Wir werden de facto gezwungen, die Rechte an unserer Musik den Sendern zur Refinanzierung zu überlassen, um überhaupt an Aufträge zu kommen. Und auf der anderen Seite wird uns jetzt auch noch die Wertschätzung für unsere künstlerische Leistung genommen, weil die eigene Kategorie Musik beim Preis verschwindet.

Der Träger des „Ehrenpreises“ ist schon vorab bekannt – es ist die Herren-Fußballnationalelf. Was sagt das über den Preis aus?

Es geht nur noch um eine nette Gala – und nicht um eine ambitionierte Leistungsschau des TV-Schaffens. So stärken sich vielleicht noch die Programm-Verantwortlichen, weil jetzt jeder Sender garantiert etwas abbekommt. Ein besserer Selbstbedienungsladen halt.

Offenbar wird nun auch den Sendern mulmig: Sie haben an die Kreativen geschrieben, sie sollten bei der Preisverleihung keine Dinge austragen, „die dort nicht hingehören“. Außerdem wird die Gala nicht mehr wie früher am gleichen Abend, sondern erst 24 Stunden später ausgestrahlt. Werden die Zuschauer trotzdem etwas von der Debatte mitbekommen?

Ich hoffe, dass das auch im Saal Thema sein wird – und zwar auf eine Art und Weise, die man dann nicht mehr herausschneiden kann. Ich bin kein Verschwörungstheoretiker, aber in diesem Fall liegt der Verdacht sehr nah, dass sich die ARD mit dem späten Ausstrahlungstermin da absichern will. Interview: STG